Full text: Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit (Bd. 2)

122 Das Zeitalter des Absolutismus 
Himmel erhoben; ein Freund französischer Bildung und im tiefsten und 
wahrsten ein deutscher Mann; neben der warmen Begeisterung des Jdea- 
listen die nüchterne Schärfe grausamer Wahrhaftigkeit; neben aufwallender, 
ungeduldig sich verzehrender Hitze, die kühle besonnene Berechnung; neben 
begeisterter Hingabe an das Edle und Große ein scharfer ätzender Spott; 
unter hartem, oft kaltem Äußeren ein großes edles Herz; der Mann des 
Glanzes und des Feuers in den Rheinsberger Tagen; der „Große" mit 
dem verwitterten und zerknitterten Gesicht und der unablässigen Mühe 
im Herzen, „trübe, kalt und hart wie ein sonnenloser Wintertag" nach 
den ruhmreich-qualvollen Jahren des großen Krieges; der müde, einsame 
„Alte" von Sanssouci mit dem großen, harten und heiligen Auge, der 
bis zum Tode getreuen Pflichterfüllung und der Sehnsucht nach der 
Sonne, der er bald näher sein würde, — Gegensätze, so schneidend und 
scharf, und doch, welch ein Reichtum, welch eine Fülle menschlichen und 
königlichen Lebens! 
In den Tiefen dieser Menschenseele aber tönt der alles tragende, alles 
in sich zusammenfassende, über alle Disharmonien hin gewaltig und erhaben 
ausklingende Grund- und Schlußakkord: der kategorische Imperativ seines 
Königseins, sein königliches Pflichtgefühl. . Schon der Kronprinz stellt 
seines ganzen künftigen Lebens Grundsatz fest, wenn er sagt, „daß 
der Fürst, weit entfernt der unbeschränkte Gebieter der 
unter seiner Herrschaft stehenden Völker zu sein, nur der 
erste Diener ist", und aus dem Testament des zum Tode sich Rüsten- 
den klingt's hindurch: „Volksglück ist Fürstenpflicht!" 
2. Man hat Friedrichs Staatsideal in dem Namen „aufge- 
klärter Absolutismus" begriffen, und gewißlich schwingen je und je 
durch seine Gespräche und Schriften hindurch die Gedanken, daß alle 
Menschen von Natur aus gleich seien, daß man „darum, daß man König 
ist, nicht mehr wert ist als die übrigen". Und doch, wieweit ist er ent- 
fernt von den unklaren, uferlosen Plänen des vollendeten Aufklärers, seines 
eifersüchtigen und ihn mit Macht zu überholen suchenden Nebenbuhlers, Jo- 
sephs II., der, um ja nur alle die gelobten Gedanken der Aufklärung 
durchzuführen, immer den zweiten Schritt vor dem ersten tat und nichts 
Gründliches und Ordentliches geschaffen hat. Vor der furchtbaren Gefahr, 
philosophisch-schwärmerische Gedanken auf dem Königsthrone durchführen zu 
wollen, hat Friedrich sein klarer Blick für die Wirklichkeit, sein realistischer 
staatsmännischer Sinn geschützt, der immer nur das tat, was für die Da? 
seinsbedingungen seines Volkes notwendig und möglich war. Während bei 
Joseph II. leicht und luftig die Gedanken nebeneinander wohnten, hatte 
Preußens großer König den scharfen Blick für den Gegensatz der Dinge 
in der Wirklichkeit; weiterbauen, zum Nutzen gewiß des Volkes, aber doch
	        
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