Full text: Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit (Bd. 2)

126 Das Zeitalter des Absolutismus 
runzlig wie die Falbeln eines Weiberrockes, der Rücken gekrümmt wie ein 
Fiedelbogen." „Hager und spitz sind jetzt die Linien seines Antlitzes ge- 
worden; aber aus dem scharfgemeißelten, rotgebräunten Gesicht, über das 
wie Wolkenschatten alle wechselnden Stimmungen fliegen und jedes Ge- 
sprach zuckende Lichter wirft, glänzen noch in alter Lebenslust die wunder- 
baren Augen, die sich jedem, der sich ihnen naht, in die Tiefe der Seele 
bohren, deren klarem, kaltem Blick nichts zu entgehen vermag, vor deren 
Zornesfunkeln alle erbeben. Um die festgeschlossenen Lippen drohen gleich- 
sam die Stacheln seiner schonungslosen Rede, die im raschen Fluge, fast 
atemlos dahinzuströmen Pflegt; aber noch ertönt seine Stimme mit ihrem 
alten, sanften Wohllaut. Die Einfachheit seiner Uniform ist bis zur 
Vernachlässigung gesunken. Im vielgetragenen blauen Rock, in abge- 
schabter, mit Flecken besetzter, schwarzer Sammethose, auf der gelben Weste 
die reichlichen Spuren des Schnupftabaks, in vergilbten hohen Stiefeln, 
mit abgegriffenem Hute, dessen weiße Feder schmutzig geworden, so reist 
er durch sein Land," der alte Fritz, „der letzte König", wie ihn verehrende 
Begeisterung einst genannt hat, unseres Volkes Führer und Vorbild, geb' 
es Gott, in kommende Zeiten. 
III. Friedrichs innere Politik. 
Friedrichs Politik ist ein geschlossenes Gefüge von Maßnahmen, be- 
herrscht von dem politischen Machtgedanken. Beruhte sein und seines 
Staates Stellung in Europa auf dem moralischen Ansehen, das sein keckes 
und entschlossenes Vorgehen bei der Eroberung Schlesiens in aller Welt ihm 
erworben hatte, so galt es, dies Ansehen festzuhalten, galt es, das Rückgrat 
des Staates, das Heer, auf der höchsten Stufe der Ausbildung, Stärke 
und Macht zu erhalten, und alle anderen innerpolitischen Maßnahmen des 
Königs sind in erster Linie als Mittel für diesen höchsten Zweck aufzu- 
fassen. Seine finanziellen Anordnungen sind aus militärischen Rücksichten 
zu verstehen, verwandte er doch von den 20 Millionen der Staatsein¬ 
künfte 13 Millionen auf das Heer; seine wirtschaftlichen Maßnahmen 
sollen Land und Leute möglichst steuerkräftig machen; seine Justizreform 
soll wieder der Förderung des Verkehrslebens und der wirtschaftlichen 
Wohlfahrt dienen; seine Sozialpolitik wird wesentlich durch militärische 
Gesichtspunkte (Bevorzugung des Adels) bestimmt; seine Vernachlässigung 
der Volksbildung erklärt sich aus der Geringfügigkeit der Staatsmittel, 
die nach Abzug der Heereskosten noch übrig bleiben. 
Der Staat soll mächtig werden; er wird es nur durch ein mächtiges 
Heer.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.