Full text: [Teil 1 = Vorstufe] (Teil 1 = Vorstufe)

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ihnen seinen weißen itnfr unversehrten Schafpelz und hielt ihnen eine derbe 
Strafpredigt über ihren Flitterkram. 
Und lachend sprach der Kaiser Karl: „V weh, ihr lieben Ritterl 
N?ie schad' um eure seidne ZDatt', um eure goldnen Flitter. 
Da lob' ich meinen Schafpelz mir, an dem ist nicht viel hin, 
Den schüttl' ich aus und trockne ihn bis morgen am Ramin." 
3. <öobnfit$. Einen bestimmten Wohnsitz hatte Karl nicht. Er wohnte 
bald auf diesem, bald auf jenem seiner Landgüter, die im Reiche zerstreut 
lagen. Sein liebster Aufenthalt war jedoch Aachen, wo er in dem Wasser 
der warmen Quellen gern ein erquickendes Bad nahm. Aachen war damals 
noch keine Stadt. Karl hatte hier nur ein Landgut mit einer sehr schönen 
Pfalz (Burg). Neben der Pfalz erbaute er ein Münster (Dom), das mit 
der Pfalz durch einen Säulengang verbunden war. Pfalz und Säulengang 
sind verschwunden, der Dom aber steht noch. In den letzten 20 Jahren 
seines Lebens hat Karl fast immer in Aachen gewohnt. Er ist auch dort 
gestorben und im Dome beigesetzt worden. Eine Steinplatte am Fußboden 
bezeichnet die Stelle, wo angeblich einst des Kaisers Gebeine ruhten. Sie 
trägt die Inschrift: Carolo Magno. ! 
b) Wie Karl schreiben lernt und für Schulen sorgt. 
1. Mie Karl schreiben lernt. Zu Karls Zeiten hielt es der freie 
Mann noch für seiner unwürdig, sich mit Lesen und Schreiben zu beschäftigen. 
Selbst die Fürstensöhne jener Zeit blieben meist ohne alle Bildung. Auch 
Karl hatte in seiner Jugend wenig Gelegenheit zum Lernen gehabt. Schreiben 
lernte er erst im Mannesalter. Er hatte deshalb immer eine Schreibtafel 
von Wachs unter dem Kopfkissen liegen, und nachts, wenn er nicht schlafen 
konnte, zog er sie hervor, um die schwertgewohnte Hand im Führen des leichten 
Griffels zu üben. Doch brachte er es in der Kunst des Schreibens nicht 
mehr weit; denn die meisten seiner Unterschriften bestanden nur aus einem 
im Viereck gezogenen Striche. 
2. Karl in der Schule. Karl wollte, daß an seinem Hofe keiner zu 
finden sei, der nicht lesen und schreiben könne. Deshalb berief er gelehrte 
Männer zu sich. An seinem Hofe gründete er eine Schule, in der die Kinder 
seiner Diener, sowohl der hohen als der niedern, unterrichtet wurden. Einst 
besuchte er diese Schule. Da bemerkte er, daß die Kinder der Vornehmen 
den Kindern der Geringen an Fleiß weit nachstanden. Darüber ward er 
zornig. Er ließ die Faulen zu seiner Linken und die Fleißigen zu seiner 
Rechten treten und sprach dann zu den Fleißigen: „Ich freue mich, daß ihr 
so gute Fortschritte macht. Fahret so fort — dann werde ich euch einst gar 
herrliche Bistümer und Klöster geben." Dann aber wandte er sich zu den 
Faulen und stieß, mehr donnernd als redend, diese Worte hervor: „Ihr aber, 
ihr Hochgebornen, ihr Fürstensöhne, die ihr traut auf eure Abkunft und euern 
Reichtum, ihr habt die Zeit mit Spiel und Nichtstun verbracht." Und die 
Rechte gen Himmel Hebend, rief er: „Beim Herrn des Himmels! Ich gebe 
nicht viel auf euern Adel und euer schönes Aussehen. Wenn ihr eure Nach-
	        
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