Full text: Deutsche Prosa von Luther bis zu Lessing (Band 7, [Schülerband])

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sehr groß sein bei denen so kein Geld haben. Wer Geld hat wird es ohn 
Zweifel warm halten, wer keins hat, darf kein Seckel darzu kaufen, noch zu den 
Wechslern laufen. 
2. Aus: „GeschichtsKlittrruug" (Gargautua) 1573. 
In Summa, wer sich mit keiner Ehgehilfin behilfet, ob er schon der Reichste 
wär, hat er doch nichts das recht sein ist. Dieweil er es mit keinem in gleicher 
Freud weiß zu genießen, hat niemand dem ers bring, der ihm Bescheid tut, das 
sein verwahret, beschließet, verkramet, dem ers sicher vertraue, dem ers auch zu¬ 
künftig hoffentlich und offenlich könn getrost verlassen, alles das sein steht in 
fremder gefährlicher mißtrauiger Hand, sein eigene Ehhalten*, ja Wehhalten die 
Knecht und Mägd betrügen ihn darumb, tragen ihm heimlich ab: tun wie des 
Kallimach Aff, der, als er sah wie das Gesind in ihres Herrn tätlichem Hinzug 
anfiengen auszutragen, zu stehlen, zu ketschen, zu schleifen, zu verstecken, wollt er auch 
von dem untestierten und unverlegierten Erb was haben, lief hin und nahm dem 
todschwachen Kallimach die Schlafhaub vom Kopf, und das Doctorhäublin da¬ 
rüber, des mußt wohl der Krank lachen, hat sich auch also gesund gelacht und 
das Gesind zum Haus ausgejagt: Aber was ifts? urlaubt er schon etliche, und 
nimmt andere an, so ladet er nur anstatt gesättigter, mehe hungerige Fuchsfliegen. 
Ja das eseltreibig, lohnsorgig, augendienschaft Gesind ist ihm kaum gehor¬ 
sam: ist mürrisch, widerbeffzig, diebraumisch, unverträglich, futterstichig, meister¬ 
los, seifig, balgisch umb eins andern Haar, geschwätzig, austrägig aus dem 
Haus, und im Haus träg, baurenstolz: eisspazierig*: schlauderig, Hans Unfleiß: 
der Niemands im brechen und verderben, ist Wolfsfräßig: Klosterkatzenart: ver¬ 
soffen: vollfaul: studfaul: schlafdürmelig: kopfkratzig, wolfslendenschleifig, unver¬ 
gnüglich: ungeschickt: sorglos: verwahrlos. Ach welcher Plautischer Comödie- 
Schreiber will alles Davisch* und Getisch Knechtrecht nach Niemands Zettel 
beschreiben? Wie viel Gesind, so viel Feind, da ist Hund und Katz das best 
Viehe, dann so er den Rucken verwendt, hat er keinen Anwalt noch Haus-Lieute¬ 
nant, der es in seim Abwesen auf guten Weg richt und schlicht. 
Sein Freund verlassen ihn, oder warten ihm erbgierig auf die Seel, wünschen 
ihn in die Holl, Er ist veracht bei seinen Beinachbaurten,* wird zu dem Regiment 
nicht gut geacht, wird von ehrlichen, gemeinnutzlichen namenswürdigen Ämtern 
durch aller Gesatz einhelliges Verbot abgewiesen und verschmähet: bedacht, daß 
der nicht täuglich einer Gemein vorzustehen, der ihm ein eigenen Herd zu versehen 
nicht getrauet: welcher doch, wie oben „gedacht,^ eins rechten Regiments An¬ 
deutung* ist: ja ein wahre Schul und Übung vieler Tugenden, wie dann auch 
das Ehwesen aus Tugend entspringt. 
3. Aus: „Das philosophisch Lhzuchtbiichlem". 1578. 
Die menschliche Anmut vergleichet sich einer Bienen, welche allein nicht 
leben mag, sondern stirbet, sobald sie allein ist. Darumb suchet sie stets eine 
Gemeinschaft, da sie in gemein wirke, trage und arbeite, und nicht allein für sich, 
sondern auch andre sorge. Woraus bestehet aber die Gemeinschaft anders, als 
aus vielen Geschlechten und Haushaltungen? Der Geschlecht Anfang aber sind 
die Heirat: derhalben wer dem Menschen die Ehe entziehet, der tilget auch die 
Geschlechter aus, ja die Stadt, die Gemeinde, das ganz menschliche Geschlecht, 
alle freundliche Zusammenwohnung, einmütige Vereinigung, nachbarlichen Willen, 
väterliche Fürforg, mütterliche Herzlichkeit, kindliche Anmut, geschwisterliche Liebe, 
ff
	        
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