Full text: Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zur Gegenwart (Teil 3)

197. Serglied. 
Von Schiller. 
Am Abgrund leitet der schwindlicbte Steg, 
Er führt zwischen Leben und Sterben; 
Es sperren die Riesen den einsamen Weg 
Und drohen dir ewig Verderben; 
Und willst du die schlafende Löwin nicht wecken, 
So wandle still durch die Straße der Schrecken. 
Es schwebt eine Brücke, hoch über den Rand 
Der furchtbaren Tiefe gebogen, 
Sie ward nicht erbauet von Menschenhand, 
Es hätte sichs keiner vermögen; 
Der Strom braust unter ihr spät und früh, 
Speit ewig hinauf, und zertrümmert sie nie. 
Es öffnet sich schwarz ein schauriges Thor, 
Du glaubst dich im Reiche der Schatten, 
Da thut sich ein lachend Gelände hervor, 
Wo der Herbst und der Frühling sich gatten; 
Aus des Lebens Mühen und ewiger Qual 
Möcht ich fliehen in dieses glückselige Thal. 
Vier Ströme brausen hinab in das Feld, 
Ihr Quell, der ist ewig verborgen; 
Sie fließen nach allen vier Straßen der Welt, 
Nach Abend, Nord, Mittag und Morgen, 
Und wie die Mutter sie rauschend geboren, 
Fort fliehn sie und bleiben sich ewig verloren. 
Zwei Zinkell ragen ins Blaue der Lust, 
Hoch über der Menschen Geschlechter, 
Drauf tanzen, umschleiert mit goldenem Duft, 
Die Wolken, die himmlischen Töchter. 
Sie halten dort oben den einsamen Reihn, 
Da stellt sich kein Zeuge, kein irdischer ein.
	        
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