238 Erstes Kapitel.
Das Klima ist, wie in Ostpreußen, wenig günstig und besteht in rauhem
wechselvollen Wetter. Der Winter ist lang und streng, der Sommer kurz und
meist heiß. Der Frühling hat wenig Annehmlichkeiten, schöner ist der Herbst.
Von den Winden herrscht der West vor, nach ihm folgen in der Geltung für die
Provinz der Süd, der Nord, der Ost. Der kurze Sommer hat 30—35° C. Wärme, der
Winter bis zu 25° 0. Kälte. Die Küsten haben einen späteren und längeren Winter
als die Binnengegenden. Erst Ende April pflegt Frühlingswetter zu kommen, bis
in den Mai hinein aber unter rauhem Nordwinde Nachtfrost die Vegetation aufzu-
halten. Der Juni ist meist gewitterreich, der Juli heiß und ungesund; heiteres
Wetter zeichnet den Herbst aus. Die mittlere Jahreswärme schwankt zwischen
5—6° C. in Schönberg sKreis Karthaus) und 7—8° C. in Danzig. Die Vegeta-
tionszeit dauert nur 5 Monate. Die Regenmenge ist verhältnismäßig niedrig und
steigt nicht viel über 500 mm (Marienwerder unter 400, Danzig kaum 500,
Schönberg-Karthaus 540 mm).
Die Bevölkerung besteht ihrer Abstammung nach hauptsächlich aus
Deutschen und Slawen, und zwar bilden die ersteren die Mehrheit, nämlich
62,-, gegen 33,5 Proz. Die Slawen finden sich am stärksten westlich von der
Weichsel; es sind überwiegeud Polen. — Im Regierungsbezirke Marienwerder
überwiegen die Kakholiken, in Danzig die Protestanten; die größeren Städte
haben vornehmlich protestantische Bevölkerung; es finden sich auch Mennoniten.
Der überwiegende Nahrungszweig der Bevölkerung besteht in der Landwirt-
schaft, demnächst in Viehzucht, Haudel und Industrie.
Die Deutschen gehören zum niedersächsischen Stamme, von ihnen finden sich
im Danziger Bezirke 72,5, im Marienwerder 61,9 Proz.; die Polen sind am häufig-
sten zwischen Schwarzwasser, Brahe und Ferse, auf dem Plateau von Karthaus und
auf der Halbinsel Hela; die westliche Grenze des Polentnms bildet die Küddow;
inmitten polnischen Gebietes liegt die deutsche Stadt Könitz. Im Gebiete östlich
von der Weichsel sind im Norden einer von Kulm über Deutsch-Eylau nach der
ostpreußischen Grenze gezogenen Linie weit überwiegend deutsche, im Süden dagegen
polnische Bewohner. Nördlich vom Wdzydzesee sprechen die Polen einen besonderen
Dialekt und werden Kassuben genannt. Den höchsten Prozentsatz von Katholiken
(70—80 Proz.) haben die Kreise Karthaus, Neustadt, Preußisch-Stargard, Könitz,
Tuchel, Löbau, am wenigsten der Kreis Rosenberg (10 Proz.); von den größeren
Städten ist nur Kulm überwiegend katholisch. Mennoniten finden sich in den
Kreisen Danzig, Marienwerder und Elbing (12000).
Erwerbszweige der Bevölkerung. Die Landwirtschast wird sehr
emsig, mit Einsicht und Erfolg betrieben.
Die Provinz hatte im letzten Jahrzehnt mehr als 134000 landwirtschaftliche
Betriebe; zur gleichen Zeit gab es in derselben für die Betriebe der Land- und
Forstwirtschaft, der Tierzucht und Fischerei weit über 800 000 Berufszugehörige,
darunter gegen 300000 Erwerbstätige. Die ausgedehntesten Ackerflächen besitzen
die Kreise Graudenz, Stuhm, Danzig-Land, Kulm, Löbau, Strasburg, Thorn, Marien-
Werder; die Wiesen dagegen herrschen am meisten vor in Elbing-Land und Marien-
werder. Die Haupterzeugnisse des Bodenbaus sind Roggen und Kartoffeln, hierzu
kommen Weizen, Gerste, Hafer, Hülsenfrüchte und Olgewächfe. Die besten Weizen-,
Klee- und Heuernten ergibt die Weichselniederung, besonders der Werder; in letzterem
ist auch der Obst- und Tabaksbau von Bedeutung. Im Jahre 1886 kamen auf den
Roggenbau 368895 ha mit einem Ertrage von 310803 Tonnen, aus den Weizenbau
73405 ha mit einem Ertrage von 108941 Tonnen, auf die Gerste 63123 ha mit
82072 Tonnen, auf die Kartoffeln 163983 ha mit 1243083 Tonnen, auf den Hafer
141939 ha mit 142724 Tonnen, auf die Wiesen 166482 ha mit 293858 Tonnen
Heu. Ferner waren (1883) der Ölsaat 5478, dem Flachs 2875, dem Hanf 4, dem
Hopfen 47 und den Zuckerrüben 15586 ha gewidmet.
Die Viehzucht hat gleichfalls einen recht günstigen Stand, und zwar
ist dieselbe namentlich den Pferden und Schafen gewidmet; die Schweine- und