Full text: Deutsche Geschichte (Teil 2)

87. Die Friedensarbeit Friedrichs des Großen. 297 
antiken Mythologie oder der heiligen Geschichte entnommen waren oder bedeutende 
Persönlichkeiten verewigen sollten. Um sie bedeutsamer oder ..heroischer" erscheinen 
zu lassen, stellte man sie in antiker Gewandung dar. (Das Denkmal des Großen 
Kurfürsten zu Berlin). 
b. Die Dichtung. Der deutschen Dichtkunst brachte Friedrich der Große kein 
Verständnis entgegen, obwohl sie gerade damals nach langem Verfall zu neuem, Herr- 
lichem Leben erblühte. Zuerst war Klopstock aufgetreten, der Odendichter und 
Schöpfer des religiösen Epos „der Messias", an den sich der „Göttinger 
Dichterbund" (Bürger, Voß, Hölty, die beiden Grafen Stolberg u. a.) anschloß. 
Ihm folgten Wieland, Lessing und Herder. Lessing schuf durch seine Schriften 
eine deutsche Prosa, die nvch heute als Muster einer knappen und treffenden 
Ausdrucksweise gilt; er war der erste der großen deutschen Dramatiker; sein Lust- 
spiel „Minna von Barnhelm" eroberte sich bald die Herzen aller Deutschen. 
In unerbittlicher Schärfe zog er in seinen Schriften gegen das Franzosentum zu 
Felde und enthüllte seine Unnatur, die dem deutschen Wesen zuwider sein müsse. 
Ein Größerer kam hinzu; es war Goethe. Seit 1775 weilte er an dem Hofe 
des Herzogs Karl August von Weimar. Goethe blieb daselbst bis an das Ende 
seines Lebens. Schon vor Goethe hatte Wieland, der Dichter des „Oberon", 
seinen Wohnsitz nach Weimar verlegt; kurz nach ihm wurde Herder dorthin be- 
rufen. Zuletzt trat in diesen Kreis Schiller ein, Deutschlands größter Dra- 
matiker. Goethe und Schiller haben das Höchste geschaffen, was dem deutschen 
Geiste auf dem Gebiete der Dichtkunst bisher entsprungen. So wurde Weimar zu 
einer wichtigen Pflegestätte der deutschen Dichtkunst im Zeitalter Friedrichs des 
Großen. 
8. Friedrich der Große als Vorbild anderer Fürsten. Joseph II. Zu den 
eifrigsten Bewunderern Friedrichs des Großen gehörte der Kaiser Joseph II., 
der Sohn Maria Theresias, der nach dem Tode seines Vaters Franz zum deutschen 
Kaiser gewählt war. Ganz von dem Wunsche beseelt, seine Völker zu beglücken, 
wollte er das Beispiel des großen Preußenkönigs nachahmen. Kaum hatte er nach 
dem Todeseiner Mutter (1780) auch in den österreichischen Erbstaaten die Regierung 
angetreten, so begann er eine Reihe von Reformen, die zum Teil sehr segensreich waren. 
Zuerst erließ er das berühmte „Toleranzedikt"- Es gewährte den Nichtkatholiken 
(Protestanten und Griechen) freie Religionsübung und gleiche politische Rechte mit den 
Katholiken; auch den Juden bewilligte es eine Reihe bürgerlicher Rechte. Für die 
katholische Kirche beschränkte er die Zahl der Wallfahrten und Prozessionen und ver- 
minderte die Zahl der Klöster um ein Drittel, indem er etwa 700 Mönchs- und 
Nonnenklöster aufhob; andere hielt er an, einen Teil ihrer Einkünfte aus die Errichtung 
von Schulen zu verwenden- dadurch wurde die Masse der Mönche und Nonnen 
von 63000 auf 27000 herabgesetzt. Von seinen kirchlichen Neuerungen ließ er sich 
auch durch den persönlichen Einfluß des Papstes, der ihn in Wien besuchte, nicht 
abbringen Gleich Friedrich II. öffnete er sein Ohr jeder Beschwerde seiner Unter- 
tanen. Er gab der bis dahin schwer bedrückten Presse größere Freiheit; das 
kam der geistigen Freiheit überhaupt zu Gute. Ferner hob er die Leibeigen- 
schaft der Bauern auf den Gütern des Staates auf und brachte es dahin, daß 
ein großer Teil der adeligen Großgrundbesitzer dieses Beispiel nachahmte. In allen 
Ländern seiner Krone führte er die deutsche Amtssprache ein und hatte das Streben, 
jene in einen Einheitsstaat zu verwandeln. Aber Joseph II. verfuhr bei seinen 
Neuerungen mit allzugroßer Hast und Willkür; Friedrich der Große sagte von ihm, 
er tue immer den zweiten Schritt vor dem ersten. Auch waren die Zustände in 
Oesterreich dafür zu wenig vorbereitet. Bald entstand gegen sein rücksichtsloses 
Vorgehen große Erbitterung, und an den beiden Enden seiner Staaten, in Ungarn 
und in den österreichischen Niederlanden, lehnten sich die Untertanen offen 
gegen die Neuerungen des Kaisers auf, sodaß er sich genötigt sah, manche seiner 
Maßregeln zurückzunehmen. Er starb 1790 mit dem schmerzlichen Gefühl, viel 
Gutes gewollt, aber wenig wirklich durchgeführt zu haben. 
* 1 Warum ist Friedrich nicht bloß der große Feldherr, sondern auch der 
große Regent? Vergl. seine Sorge für die einzelnen Zweige des Staatslebens mit 
derjenigen seines Vaters! 3. Friedrich der Große war auch ein absoluter Herrscher, 
und. doch im andern Sinne als sein Vater. Wieso? 4. Der Absolutismus Lud¬ 
wigs XIV. von Frankreich und derjenige Friedrichs des Großen ist zu kennzeichnen,
	        
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