Full text: Deutsche Geschichte (Teil 2)

91. Die französische Revolution. 305 
Händen von Generalpächtern lag, denen die Regierung alle Ab- 
gaben gegen bestimmte Summen überließ. Sie schlugen in kurzer Zeit 
soviel heraus, daß sie Millionäre wurden. — In der gedrücktesten 
Lage befanden sich die Bauern. Sie trugen den Hauptteil der Steuer- 
lasten, gaben den Zehnten an die Kirche, stellten die Rekruten, hatten 
ihren Gutsherren Fronden und Abgaben zu leisten und wurden 
oft genug auch durch Mißernten schwer geschädigt. Der Bürger- 
stand aber war in der EntWickelung des Handels, Gewerbes und der 
Industrie durch das Zunftwesen völlig gelähmt: Geschäft und 
Handwerk vererbten oder wurden von der Zunft vergeben, wobei 
Gunst und Geld den Ausschlag gaben. Die Unzufriedenheit mit den 
herrschenden Zuständen war allgemein. 
d. Die Willkürherrschaft und Mißregierung der fran- 
zösischen Könige. Seit Ludwig XIV. hatte die zunehmende Will- 
kürherrschaft das Königtum immer mehr verhaßt gemacht. Der König 
konnte jeden Staatsbürger durch geheime Haftbefehle (lettres de cachet) 
ohne Untersuchung und Urteil gefangen setzen lassen. Solche Haft- 
befehle verkaufte oder verschenkte der König später sogar an Günst- 
linge. Diese konnten nun jeden Franzosen, der ihnen unliebsam war, 
ins Gefängnis bringen. Gegen solchen Mißbrauch und gegen die 
Uebergriffe der Beamten gab es keinen Rechtsschutz; denn die 
Gerichtshöfe setzten sich nur aus Angehörigen der oberen Stände zu- 
sammen. Hof, Adel und Geistlichkeit behandelten die anderen Klassen 
des Volkes vielfach mit einem beleidigenden Uebermute. Der Haß des 
Volkes richtete sich daher nicht allein gegen den König, sondern auch 
gegen Adel und Geistlichkeit. 
c. Das eindringende Freidenkertum. Zu diesen äußeren 
Dingen kam eine Umwandlung in der Gedankenwelt weiter Bolkskreise. 
Französische Schriftsteller, wie Rousseau, Voltaire u. a., erschütterten 
den christlichen Glauben des Volkes, griffen die Lehren des Christentums 
an und untergruben die Ehrfurcht vor der Religion. Ihre Schriften 
befaßten sich besonders mit der bestehenden Staatsordnung. Sie 
deckten die Schäden des absoluten Staates auf und lehrten, daß nicht 
der König, sondern das Volk der eigentliche Träger der Staatsgewalt 
sei („Souveränität des Volkes"); der Staat sei durch Vertrag 
zwischen Volk und Fürst entstanden; der König habe sein Amt nicht 
von Gottes Gnaden, sondern führe es im Auftrage des Volkes; das 
allgemeine Wohl sei das höchste Gesetz des Staates. Durch diese und 
ähnliche Lehren säeten die Freidenker Unzufriedenheit mit der bestehenden 
Ordnung in die Herzen des Volkes. 
ä. Das Beispiel der Amerikaner. Das Verlangen nach 
Beseitigung der Mißstände und Befreiung von ungerechtem Druck nahm 
zu, als man sah, wie zu derselben Zeit die Nordamerikaner unter 
echten Volksmännern wie Franklin und Washington sich frei machten 
von der Herrschaft der Engländer, wie sie einen Freistaat gründeten, den 
sie allein nach des Volkes Willen regierten. Viele Franzosen hatten 
an dem nordamerikanischen Freiheitskriege teilgenommen, kehrten heim, 
erzählten davon und vermehrten das Verlangen nach Volksfreiheit. 
Tecklenburg u. Querfurth, Hilfsbuch f. d. Geschichtsunterricht. 20
	        
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