Full text: Deutsche Geschichte (Teil 2)

98. Der Befreiungskrieg von 1813—1814. 343 
„(Mb gab ich für Eisen. 1813". Eine Jungfrau, Ferdinande von 
(Schmettern, die nichts zu geben hatte, schnitt ihr schönes Haupthaar 
ab und brachte den Erlös. — Die Dichter Ernst Moritz Arndt, 
Theodor Körner und Max von Schenkendorf fachten durch 
herrliche Kriegs- und Freiheitslieder den kriegerischen Geist des Volkes 
noch mehr an. Es waren Tage der Erhebung, welche die Schmach 
und das Elend vieler Jahre vergessen ließen. Unvergleichliches hat 
Preußen in jenen Tagen geleistet; das kleine, ausgesogene Land 
mit nicht ganz 5 Millionen Einwohnern stellte ein Heer von etwa 
270 000 Mann auf; der achte Teil der männlichen Bevölkerung 
trat unter die Waffen. Das Kreuz sollte der einzige Ehrenschmuck 
sein im Beginn des heiligen Krieges, vom Landwehrmann an der 
Mütze zu tragen, von dem, der sich ausgezeichnet hatte, auf der 
Brust. In diesem Zeichen sollten sie siegen. Ein religiöser Ernst ging 
durch die Gemüter. Bevor die Scharen der Freiwilligen ins Feld 
rückten, zogen sie unter Glockenklang zur Kirche, um sich durch Gebet 
und Segen für ihr heiliges Werk weihen zu lassen. Freudiger ent- 
ließen Eltern, Gattinnen, Bräute ihre Lieben, wenn des Predigers be- 
geisterte Worte zu ihren Herzen gedrungen waren. Theodor Körner, 
der selbst bei einer solchen Feier mit zu dem Kampfe eingesegnet 
wurde, schrieb an seine Eltern: „Bei dem Allmächtigen, es war ein 
Augenblick, wo in jeder Brust die Todesweihe zuckte, wo alle Herzen 
heldenmütig schlugen." 
3. Der Frühjahrsfeldzug. 1813. a. Das Vordringen der 
Verbündeten nach Nordwestdeutschland. Anfangs standen nur 
Preußen und Russen als Verbündete den Franzosen gegenüber. 
Im April besetzten sie das Königreich Sachsen, dessen König Mit- 
glied des Rheinbundes war. Die Franzosen mußten sich hinter die 
Elbe zurückziehen. Trotzdem gelang es nicht, den König von Sachsen 
zum Anschluß an die Verbündeten zu bewegen. Auch die andern 
Rheinbundfürsten hielten an Napoleon fest, obwohl die beiden ver- 
bündeten Monarchen sie aufgefordert hatten, „Napoleons Protektorat 
abzuschütteln und sich dem großen Kampfe anzuschließen". Die Russen 
wurden von Wittgenstein, die Preußen von Blücher befehligt, dem 
Scharnhorst als Generalquartiermeister zur Seite stand. 
Gebhard Lebrecht von Blücher war 1742 zu Rostock als Sohn eines 
Gutsbesitzers geboren. Seine Vaterstadt ehrte ihn später durch ein Denkmal mit 
der von Goethe verfaßten Inschrift: „In Harren und Krieg, in Sturz und Sieg 
bewußt und groß — so ritz er uns vom Feinde los". Er war zuerst schwedischer 
Husar und geriet im Siebenjährigen Kriege in preußische Gefangenschaft. Auf 
Zureden eines preußischen Obersten, der Gefallen an ihm fand, wurde er preu- 
ßischer Reitersmann. Weil er sich aber oft in Händel verwickelte und diese am 
liebsten mit dem Säbel ausfocht, so wurde er mit der Beförderung übergangen 
und forderte nun trotzig seinen Abschied. Friedrich der Große verfügte darauf: 
„Der Rittmeister von Blücher kann sich zum Teufel scheren!" Blücher wurde nun 
Landwirt, fühlte sich aber nicht glücklich dabei, wäre gern wieder ein Kriegsmann 
geworden. Aber erst unter Friedrich Wilhelm II. konnte er wieder als Major in 
sein altes Regiment eintreten. In den ersten Feldzügen gegen die französische 
Republik zeichnete er sich durch List und tollkühne Reiterangriffe aus und erwarb 
sich den Namen eines neuen Zielen. 1806 war er einer der wenigen, welche die 
Ehre der Armee retteten (S. 323). Tief und schwer empfand er die Schmach, die
	        
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