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Die Zeit Friedrichs des Großen.
und der Philippinen) 48 Staaten und 3 Territorien mit über 90 Millionen Bewoh¬
ner auf. Als Handels- und Industriemacht steht sie gegenwärtig nur hinter Eng¬
land zurück.
Ostindien. Einen Ersatz für die Gebietsverluste in Nordamerika fanden die
Engländer in Ostindien und zwar ebenfalls wieder auf Kosten der Franzosen.
Nachdem das Reich des Großmoguls (Zweit. Band S. 137) in Verfall geraten
war, hatte sich die Französisch-Ostindische Handelsgesellschaft (s. S. 5) in
seit 1664 Ostindien ausgebreitet. Aber die Englisch-Ostindische Handelsgesellschaft wußte
sie während des englisch-französischen See- und Kolonialkrieges (S. 41) allmählich
um 1760zu überflügeln: Lord Elive begründete als Präsident der Gesellschaft das eng-
lisch-ostindische Kolonialreich, das dann durch den Generalstatthalter Warren
um 1780 Hastings eingerichtet wurde. 1858 kam die Herrschaft vollständig an die eng¬
lische Krone. Gegenwärtig regiert der König von England als „Kaiser von Indien"
ganz Vorderindien und einen großen Teil Hinterindiens, ein wirtschaftlich überaus
reiches Gebiet mit etwa 300 Millionen Untertanen.
Ozeanien und Australien wurden durch die wiederholten Reisen (dreimalige
Weltumsegelung) des Engländers James Cook (1768—1779) genauer bekannt
und Australien ganz, die Südseeinseln großenteils dem englischen Weltreiche ange¬
gliedert.
2. Frankreich. Beim Ableben Ludwigs XIV. folgte dessen zweiter
Urenkel, der fünfjährige Ludwig XV. (1715—1774), der während seiner
Minderjährigkeit unter der Regentschaft Philipps von Orleans (—1723)
stand. Die Verwaltung dieses ebenso begabten als lasterhaften Sohnes
der Pfalzgräfin „Liselotte" (S. 9 Anm.) wurde für das Land verhängnis¬
voll durch die Finanzoperationen des Schotten Latu1), die
schließlich eine ungeheure Erbitterung des Volkes gegen den Hof und den
seit 1723 Regenten hervorriefen. Die selbständige Regierung Ludwigs XV. be¬
gann vielversprechend, da der junge König die Staatsleitung seinem bis¬
herigen Erzieher, dem Kardinal F l e u r y, überließ, der durch fried¬
liche Politik nach außen und Sparsamkeit im Jnnem Frankreich wieder
in die Höhe zu bringen suchte. Aber nach dem Tode Fleurys erlangten
seit 1743unwürdige Hofdamen, wie die Marquise Pompadour, die Gräfin
D u b a r r y u. a., einen bedenklichen Einfluß auf den genußsüchtigen
*) John Law ging von dem an sich richtigen Gedanken aus, daß die Vereinigung
großer Kapitalien wirtschaftlich vorteilhaft sei, ebenso der Umlauf von Papiergeld, solange
dieses natürlich durch den vorhandenen Metallbestand bzw. die Zahlungsfähigkeit der die
Banknoten ausgebenden Stelle gedeckt ist. Deshalb gründete er im Einvernehmen mit
dem Regenten eine Z e t t e l b a n k und eine Mississippigesellschaft (zur
Ausbeutung Louisianas), pachtete die Staatssteuern und übernahm die Hälfte der Staats¬
schuld. Schließlich wurde Law Finanzmini st er und seine Bank Staats-
bank. Da man aber immer mehr Aktien und Banknoten ausgab und deren angeblicher
Wert alles in Frankreich vorhandene Bargeld um das Vielsache übertraf, wurde das
Volk mißtrauisch und wollte die Aktien und Banknoten in Bargeld umsetzen. Da sie die
Staatsbank nicht einlösen konnte, erfolgte der Staatsbankcrott (1720), durch den das
Volk über 1500 Millionen Livres verlor.