78
Die Entwicklung der Französischen Revolution rc.
Durch die Errichtung von „Tochterrepubliken" schuf es einen „Wall gegen das mon¬
archische Europa" und verbreitete die republikanischen Ideen. Um der finanziellen
Not des Direktoriums abzuhelfen, wurden die „befreiten" Länder gegen gutes
Geld mit wertlosen Assignaten überschwemmt und durch Einquartierungen, Kriegs-
steuem rc. rc. entsetzlich ausgesogen. Deutschland, von Preußen und Öster¬
reich im Stiche gelassen, war der Willkür des Auslandes preisgegeben.
c) Napoleons Unternehmung gegen Ägypten (1798/99).
Tie Beweggründe. Der sieggekrönte Feldherr wurde bei seiner Rückkehr nach
Paris vom Direktorium mit Mißtrauen empfangen. Man suchte ihn durch einen
ehrenvollen Auftrag wieder zu entfernen, indem man eine Unternehmung gegen
Ägypten vorschlug. Dadurch konnte die Vorherrschaft Frankreichs im Mittelmeere1)
begründet, vielleicht sogar ein Vorstoß gegen Indien, die wertvollste Besitzung Eng¬
lands, vorbereitet werden. Napoleon ging auf diese Gedanken bereitwillig ein,
weil er sich einen großen Namen machen und das französische Volk noch mehr an
seine Person fesseln wollte.
Der Verlauf des Unternehmens. Mit einem auserlesenen Heere,
1798 begleitet von Künstlern und Gelehrten, fuhr Napoleon aus Toulon
ab, entriß unterwegs den Johannitern Malta und landete, ohne von
der englischen Flotte unter dem Admiral Nelson entdeckt zu werden, un-
Iuii weit Alexandria. Durch den Sieg bei den Pyramiden, von deren
Höhen nach Napoleons Ausspruch „vier Jahrtausende auf die französischen
Kämpfer herabblickten", gewannen die Franzosen Unterägypten mit
Kairo und stürzten die Herrschaft der Mameluken (Zweit.Band S.47),
die übrigens seit Anfang des 16. Jahrhunderts unter türkischer Ober-
i. Aug. hoheit standen. Indes wurde durch die Seeschlacht bei Abukir die fran¬
zösische Flotte von Nelson vernichtet, Napoleon von der Verbindung
mit der Heimat abgeschnitten und das ägyptische Unternehmen mit allen
daran geknüpften Hoffnungen vereitelt. Zwar unternahm Napoleon, als
1799 eine türkische Kriegserklärung an Frankreich erfolgte, noch einen Borstoß
Se6r* nach Syrien, eroberte Jaffa, konnte indes das von den Engländern unter¬
stützte Akkon nicht nehmen und mußte schließlich wegen der unter seinen
Truppen wütenden Pest nach Ägypten zurückkehren. Hier schlug Napoleon
Juu ein eben gelandetes türkisches Entsatzheer bei Abukir, eilte aber dann,
als er von den Unfällen Frankreichs im zweiten Koalitionskrieg erfuhr,
ohne Armee in die Heimat zurück, wobei er den englischen Schiffen aber¬
mals glücklich entging.
Das in Ägypten zurückgelassene französische Heer stand anfangs unter dem
General gj t ü t Ly dann nach dessen Ermordung (1800) unter Menou; dieser
*) Schon Leibniz hatte dem französischen König Ludwig XIV. die Eroberung
Ägyptens vorgeschlagen, um ihn von Deutschland abzulenken. Übrigens hat Frankreich
seine Mittelmeerpläne bis heute konsequent verfolgt (s. Angliederung von Algier, Tunis
und Marokko).