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i>. Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart.
Die Fürsten traten dort nicht mehr in persönlichen Verkehr miteinander
sondern ließen sich in Regensburg, wo der Reichstag ununterbrochen
tagte, durch Gesandte vertreten. Auch auswärtige Fürsten, wie die
Könige von Schweden und Dänemark, hatten für ihre deutschen Be-
sttzungen Sitz und Stimme im deutschen Reichstage. Weil eine Vor-
läge nur dann Gültigkeit erlangte, wenn alle drei Stände (S. 59)
dafür stimmten, so kam selten ein Gesetz zustande.
d) Die Fürsten ahmten vielfach das Beispiel Ludwigs XIV. nach.
Sie erbauten in ihrer Residenzstadt große Prunkschlösser, legten „fran-
zösische Gärten" an und hielten sich ein stehendes Heer. Während sie
srüher in schlichter Weise mit ihren „Untertanen" verkehrt hatten,
schlössen sie sich jetzt durch Einführung der steifen französischen Hofsitte
von ihnen ab. Sie gaben üppige Feste, hielten sich französische Er-
zieher, Köche und Schauspieler und trugen französische Kleidung. Die
jungen Prinzen und Edellente schlössen ihre Ausbildung meistens durch
eine Reise nach Paris ab.
Dies alles verursachte große Ausgaben- deshalb suchten die Landes-
Herren sich neue Steuerquellen zu erschließen. Sie erhoben den Husen-
schätz (eine Grundsteuer), Viehschatz, Rauchschatz (eine Abgabe von jedem
Herde) und den Kopsschatz. Aber auch diese Steuern bedurften der Ge-
nehmigung der Landstände. Um von diesen unabhängig zu werden und
um eine regelmäßig fließende Einnahme zu erhalten, führten die meisten
Landesherren eine Abgabe von den im Lande verbrauchten Lebensmitteln
und von den eingeführten Waren ein. Der Verkäufer zahlte diese Abgabe
beim Einkauf der Waren, zog sie aber von den Käufern wieder ein,
indem er den Preis der Ware etwas erhöhte. Weil der Käufer diese
Steuer nicht unmittelbar (direkt), sondern durch den Kaufmann (also
indirekt) an den Staat zahlt, so nennt man sie indirekte Steuer
(Zölle, Akzise). Als die Fürsten der Landstände in Geldangelegenheiten
nicht mehr bedurften, holten sie auch ihren Rat nicht mehr ein, sondern
regierten unabhängig, absolut.
3. Friedrich Wilhelm, der Grohe Kurfürst.
1640—1688.
1. Seine Jugend.
Die Jugend Friedrich Wilhelms fällt in die unruhige Zeit des
Dreißigjährigen Krieges- er sah die Greuel mit eigenen Augen. Sein
Vater, Kursürst Georg Wilhelm (1619—1640), wollte dem Kriege
fern bleiben, besaß aber nicht Macht und Einsicht genug, die Feinde