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Sechster Zeitraum.
manner einen zehnjährigen Waffenstillstand. Er erhielt zwar
nicht, was er forderte, die Herausgabe von Jerusalem und
des wahren Kreuzes Christi bewilligt; doch versprach Sa-
ladin, den lateinischen Christen die Pilgerstraße nach Je¬
rusalem offen zu lassen, und sie weder mit Zollen, noch
mit andern Unannehmlichkeiten zu beschweren. Askalon
blieb geschleift, und die Seeküste von Jaffa bis Tyrus im
Besitze der Christen. Im September 1192 kehrte Richard
nach Europa zurück; ein unglückliches Geschick führte ihn
aber in eine zweijährige Gefangenschaft. Saladin starb
schon im März 1193, und sein Geist ruhte nicht auf seinen
Söhnen. — Dieser Kreuzzug hatte zwar seltene ritterliche
Eigenschaften auf beiden Seiten entwickelt; das unbedeu¬
tende Resultat desselben ward aber mit einem Verluste von
200,000 Menschen erkauft.
So wenig nun auch durch die hundertjährigen Anstren¬
gungen der abendländischen Christenheit im Morgenlande
gewonnen worden war; so konnte doch der einmal allge¬
mein geweckte ritterliche Geist, und der Hang, Abenteuer
zu bestehen, nicht sogleich wieder erlöschen. Ein Heer, das
Friedrichs 1 Sohn und Nachfolger, der Kaiser Heinrich 6,
auf den Wunsch des Papstes Cölestin 3 (1196) nach Asien
führen wollte, kam, nach Heinrichs frühzeitigem Tode
in Sicilien (1197), zwar an die syrische Küste, beschrankte
sich aber auf die Eroberung von S i d o n und einiger Städte.
338.
Fortsetzung.
Von ungleich bedeutender» Folgen war der Zug vieler
französischen Ritter, an deren Spitze der Graf Theobald
von Champagne, der Graf Ludwig von Blois und Chartres,
Simon von Montfort, und Balduin von Flandern sich stell¬
ten. Der Angriff war zunächst auf Aegypten berechnet,
worauf Palästina von selbst fallen sollte. Sechs Ritter,
nach Venedig gesandt, bewirkten ein Bündniß der Kreuz¬
fahrer mit diesem mächtigen Freistaate (1201). Nach dem