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von 25 km bei 4 km Breite hat, wurden im Jahre 1910 1230 Versuche
ballistischer Art durchgeführt. Es wurden hierzu aus 295 verschiedenen
Geschützen 7850 Schuß abgegeben und dabei 85 000 kg rauchschwaches
Pulver und 500 000 kg Geschoßmaterial verbraucht. Das stellt etwa 25
Schuß pro Tag dar und einen durchschnittlichen Verbrauch von 280 kg
Pulver. Man vergegenwärtige sich hierbei, daß jeder Schuß eine Reihe
von wissenschaftlichen Beobachtungen, Abwägungen, Abmessungen und Auf-
Zeichnungen, ein Jntätigkeitsetzen mannigfachster wissenschaftlicher Apparate
in sich begreift. Außerdem wurden auf dem Schießplatz in der Gußstahl-
fabrik zu Essen selbst in dem gleichen Jahre ruud 13 000 Schuß ab-
gegeben, allerdings nnr zum Teil zu Versuchszwecken, im übrigen zum
Anschießen abnahmebereiter Geschütze. Insgesamt wurden auf deu drei
Kruppschen Schießplätzen in dem genannten Jahre 31200 Schuß abgegeben
mit einem Verbrauch von 117 000 kg rauchschwachen Pulvers und
745 000 kg Geschoßmaterial, was — um einen Vergleich zu ziehen —
weit mehr ist, als z. B. die kriegsmäßige Munitionsausrüstuug eines
modernen Schlachtschiffes betrügt.
(4. Schmieden und Verarbeiten der Werkstücke.) Nicht unter
dem Dampfhammer „Fritz", der einst der Stolz des Essener Werkes war,
sind die Gußblöcke dieser Welle*) ausgeschmiedet worden, der Dampfhammer
hat sein Zepter an die Beherrscherin der modernen Schmiede, die hydraulische
Presse, abgeben müssen. Während der aus mehr oder minder großer Hohe
herabfallende Bär eines Dampfhammers von der Wucht seines Schlages
uns überzengt, könnten wir bei dem lautlosen Arbeiten der hydraulischen
Presse kaum ahnen, welch ungeheure Kraft hier tätig ist, wenn wir nicht
wahrnähmen, wie der rotglühende Stahlblock unter dem Drucke des Bärs
wie Wachs nachzugeben scheint. 600 kg Druck z. B. übt bei der großen
in Essen aufgestellten 5000 t-Schmiedepresse das Drnckwasser auf den
Quadratzentimeter aus, was bei dem Durchschnitt des Druckkolbens einem
Gesamtdrnck von 5 000000 kg gleichkommt. Außer dieser 5000 t-Presse, die
1893 errichtet wurde, war bereits zum Verschmieden von großen Gußblöcken
im Jahre 1890 eine solche von 2000 t Druck aufgestellt worden.
Ins Gewaltige gesteigert, wie die beim Schmieden solcher Werkstücke
wirksamen Kräfte, müssen auch die Leistungen der mechanischen Werkstätten
sein, die solche zu bearbeiten haben. Die Gewichte der bei der Bearbeitung
zu bewegenden Stücke, die Feinheit und Genauigkeit der Arbeit, auf die
z. B. das neben der 45 m langen Welle ausgestellt gewesene, in seiner
ganzen Länge aus derselben herausgebohrte Kerustück schließen läßt, erzählen,
wie groß die Vollkommenheit auch dieser Anlagen in den Essener Werken
sein muß...
Werfen wir noch kurz einen Blick in eine der bedeutendsten Neu-
schöpsuugen aus dem Anfange des vorigen Jahrzehnts, die sogenannte
„VIII. Mechanische Werkstatt", welche im Jahre 1901 in Betrieb genommen
wurde. Ganz in Eisenkonstruktion ausgeführt, erhebt sich die über 100 m
lange, nahezu 50 m breite, dreifchiffige Halle im breiteren Mittelschiffe bis
zum Dache, während die Seitenschiffe durch eine Galerie in zwei Stockmerke
*) Es handelt sich um eine in Düsseldorf ausgestellte, hohlgebohrte Welle von 45 cm
Durchmesser, 45 m Länge und 52700 kg Gewicht.