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und zu neuem widerstände zu verschaffen, das ist die Aufgabe, die gelöst
werden muß.
Die preußen stutzen. Sie wagen nicht zum Angriffe zu schreiten,
sondern eröffnen ein heftiges Feuer, von welchem zahlreiche Spuren
an den Mauern Zeugnis geben, während feine Wirkung infolge der aus¬
gezeichneten Deckung hinter Mauern und Gräbern eine höchst geringe bleibt.
Mutig und standhaft halten die Neuner diesen Kugelregen aus,
ermutigt durch das Beispiel der Führer. 2tIIes wetteifert seinen Mann zu
stellen; die Tamboure legen die Trommeln ab und feuern mit den Ge¬
wehren der verwundeten. ■
Die Besatzung des Mesnerhauses, die am meisten bedroht ist, wird
durch die besten Schützen verstärkt. Hauptmann Thoma leitet hier die
Verteidigung.
(Eine Stunde schon währt der Kampf, da beginnt die Munition knapp
zu werden. Der Feind hat sich auch in der linken Flanke festgesetzt. Die
Gefahr, vollständig abgeschnitten zu werden, liegt nahe. Nun gilt es die
schwerste Arbeit des Tages zu leisten. 0hne Rücksicht auf die drohenden
Verluste muß mit dem Bajonett der Rückweg gebahnt werden.
Das verrammelte Tor gegen die Nüdlinger Straße wird geöffnet.
Mit kräftigem Hurra stürmen die Braven durch das Kreuzfeuer der
preußen auf die Straße. Hauptmann Thoma deckt den Rückzug frei¬
willig mit einer plänklerkette und macht, als die Preußen ungestüm
angreifen, mit einem Gegenstöße Luft. (Er stirbt hier den Heldentod.
Feldwebel Straub und drei Soldaten fallen, 20 werden verwundet und
ebensoviel in dem allgemeinen Ansturm gefangen. Die übrigen ziehen sich
nach Winkels zurück.
Zweifellos gebührt den tapferen Verteidigern des Kirchhofes das
Verdienst, die preußischen Truppen längere Zeit aufgehalten zu haben
und den weichenden Bayern neue Ordnung und erneuten widerstand zu
ermöglichen.
12. (Einquartierung.
Lohr, \7. Juli \866. Das Telegramm über die Ankunft der Preußen in
Gemünden hatte in unserer Stadt, wie leicht begreiflich, eine ungeheure
Aufregung verursacht. Überall standen Gruppen beisammen, in den leb¬
haftesten (Erörterungen begriffen, alle Geschäfte feierten, massenhaft
strömte das Publikum auf den Straßen umher und mit banger Ahnung
sah man der nächsten Zukunft entgegen. Die große Frage des Tages,
ob die Preußen nach Lohr kämen oder nicht, fand endlich ihre Lösung,
als gegen 5 Uhr abends eine Schwadron des 8. Husarenregiments dahier
einzog, welcher kurz darauf zwei weitere Schwadronen desselben Regiments
folgten, die einen bayerischen Feldarzneiwagen vom 3. Ulanenregiment
und zwei Ulanen, deren sie bei dem unglücklichen Kavalleriegefechte von
Hünfeld habhaft geworden, mit sich führten. Später folgte Infanterie,
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