36 
der Vergessenheit zu bewahren und dessen sehnlichsten Wunsch nach 
einem ruhmwürdigen, durch große Thaten im Leben erworbenen Ge¬ 
dächtniß nach dem Tode zu befriedigen. Am längsten sind diese 
Schlafkammern unserer kräftigen Vorfahren in heidnischer Zeit von 
der Alles gleichmachenden, ausebnenden Hand der späteren und ge¬ 
genwärtigen Generation in den Gegenden des Landes, die ihres schlech¬ 
ten Bodens wegen wenig Werth haben, verschont geblieben, als in 
der Umgegend von Barmstedt in Holstein, und aus dem magern 
Landrücken in Schleswig und Jütland. 
L9. Die Götterlehre der Alten. 
Odin — so berichten die alten Ueberlieferungen —- war der 
Schöpfer der Welt, der Herr und Vater der Götter und Menschen. 
Im Anfange der Zeiten erschien der, durch den Einfluß der beleben¬ 
den Sonnenwärme aus die formlosen Massen ins Dasein gerufene 
Riese Nmer. Er wurde der Vater der bösen Thursen oder Jetten, 
aber Odin tödtete das Ungeheuer und seine ganze Brut ertrank in 
dem Strom seines Blutes, bis auf Einen, welcher der Stammvater 
des den Göttern feindseligen Jettengeschlechts wurde. Dieses wurde 
von Odin nach dem äußersten Norden, nach dem kalten Jotunheim 
vertrieben, welches auch den heimtückischen Zwergen zum Aufenthalts¬ 
ort angewiesen war. Aus Urners Körper bildete Odin das geord¬ 
nete Weltall; aus dem Fleische wurde die Erde, aus den Gebeinen 
wurden die Berge, aus dem Blute das Meer, aus dem Gehirn die 
Wolken, aus den Haaren die Bäume, und aus den Augenbrauen 
Midgard zur Wohnung für die Menschen erschaffen, deren erstes 
Paar, Askur und Embla, aus einer Esche gebildet wurde. Die 
Sorgfalt und Liebe, welche die Götter den Menschen erzeigen^ zieht 
diesen den Haß und die Verfolgung der grausamen Jetten zu; aber 
Thor, Odins Sohn, ist ihr Beschützer, und heißt daher „Retter der 
Menschen und Midgards Wehr." Häufig zieht er gegen die Thur¬ 
sen aus, und auf seinem Wagen über den Himmel hinfahrend, trifft 
er ste mit seinem Donnerkeile, oder zermalmt fle mit seinem schweren 
Hammer Mjölnir. Er ist der Freund und Beschützer aller Tapferen, 
welche sich daher, wenn sie in Noth gerathen, an ihn wenden, und 
er verleiht ihnen Kraft ihre Feinde zu überwinden. Thor war den 
kriegerischen Bewohnern der liebste Gott, und als der Glaube an die 
übrigen Götter nach und nach zu schwinden begann, ward er noch 
in Ehren gehalten; seine Thaten und Kämpfe gegen die Jetten mach¬ 
ten den Inhalt der meisten Göttersagen aus, und noch, nach Verlauf 
von Jahrtausenden, lebt in einzelnen entlegenen Gegenden des Nor¬ 
dens die Sage von Thor mit dem schweren Hammer. Odin, der 
von dem hohen Hlidstjalf herab mit seinen weisen Augen die Erde 
überschaut, ist der allgemeine Beherrscher der Welt und der Lenker 
der menschlichen Schicksale. Er sorgt für das Glück im Kriege und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.