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die dem Namen nach der Deutsche Reichstag, in Wirklich-
feit Bon aparte leitete. Diejenigen Fürsten, welche Gebiet auf dem
linken Rheinuser verloren hatten, sollten auf dem rechten ent-
schädigt werden. Man nahm dazu die zahlreichen geistlichen Fürsten-
tümer und die meisten Freien Reichsstädte. 112 geistliche Fürsten--
tümer und Reichsstädte hörten auf, selbständige Staaten zu sein. Preußen
erhielt damals einen beträchtlichen Zuwachs seiner westlichen Besitzungen
(vgl. die Karte).
Wenn diese Einmischung des fremden Staatsmannes für Deutschland
an sich schmachvoll war, so hat sie doch auch ihr Gutes gehabt; denn
durch sie wurde mit der Kleinstaaterei in unserem Vaterland zum
guten Teil aufgeräumt. Doch blieben immerhin noch gegen hundert
Staaten bestehen.
5. Napoleon wird Kaiser. 1804. Die neuen großen Erfolge
hatten das Ansehen Napoleons in Frankreich gewaltig gesteigert. Dazu
kamen noch bedeutende Verdienste um die innere Ordnung des Landes.
In kurzer Zeit wurde ein neues Gesetzbuch geschaffen, der Code
Napoleon, das sich durch Klarheit und Einfachheit auszeichnete und
in den linksrheinischen deutschen Ländern zum Teil sogar bis 1900 in Kraft
geblieben ist. Freilich zeigte sich auch bei verschiedenen Gelegenheiten, daß
Bonaparte gar kein Gewissen besaß. Er hat oft nach dem Satze gehandelt:
„Verbrechen darf der Herrscher schon begehen, aber nur
keine Dummheiten!" Schließlich ließ er sich 1804 durch Bolks-
beschluß die Kaiserwürde übertragen und nannte sich Napoleon,
Kaiser der Franzosen. Fürwahr eine noch nie dagewesene
Laufbahn: in elf Jahren vom unscheinbaren Artill erieh aupt-
mann italienischer Abkunft zum Kaiser der Franzosen und
mächtigsten Herrscher v on Europa! Der neue Monarch richtete einen
glänzenden Hofhalt ein. Seine Geschwister wurden Prinzen
und Prinzessinnen und sahen sich bald mit Königreichen und andern
Fürstentümern ausgestattet. Ein neuer Adel entstand; es waren die
Offiziere des Kaisers, meist Leute von niederer Herkunft. Für Siege er¬
hieltet! sie den Herzogstitel mit dem Namen des Schlachtortes.
6. Austerlitz. 1805. Noch aber war das seebeherrschende Eng-
land unbesiegt. Mit seiner gewaltigen Energie rüstete Napoleon
zum Kampfe gegen diesen gefährlichsten Feind. Durch unablässige Übung
hatte er die Ausbildung seines Heeres zur höchsten Vollkommenheit
gebracht. Gelang ihm eine Landung von Truppen in England, so
war er seines Erfolges sicher. Eine solche bereitete er vor. „Vierundzwanzig
Stunden Herr des Kanals — Herr der Welt I" das waren seine Worte.
Aber die Engländer hielten mit ihren Kriegsschiffen treue Wacht. Auch
brachten sie ein neues Bündnis mit Osterreich und Rußland zustande.
So störte ihm 1805 eine Kriegs erkläruu g Österreichs seine Pläne.
Boll Ärger wandte er sich von England ab und gegen die Österreicher,
Froning und Wewer, Geschichte. Ausg. C. 1. M. 14