Zweiter Abschnitt.
Von der Zeit der alten Deutfchen bis zum Ende des
Dreißigjährigen Krieges (1648).
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I. Die alten Deutschen.
1. Land und Leute. Im ersten Jahrhundert nach Christi Ge-
burt sah es in Deutschland ganz anders aus als heute. Ungeheure
Wälder, Sümpse und Moore bedeckten den größten Teil des Landes.
Ströme und Flüsse traten häufig über ihre Ufer und wälzten gewaltige
Wasserfluten dem Meere zu. Überall im Lande hausten Bären, Wölfe
und Luchse, Auerochsen und Elentiere. Die Luft war kalt, der Boden
feucht. Den Römern erschien „Germanien" als ein Land, wo fast
immer der Winter herrschte, und wo es nie recht Tag würde.
Rauh wie das Laud zeigten sich auch die Bewohne r. Männer
wie Frauen waren von schönem, großem und kräftigem Körperbau.
Die meisten ließen das goldfarbene Haar weit über den Rücken wallen;
manche befestigten es auch wohl in Knoten auf dem Hinterhaupte.
Trotzig und voll kampfesmutigen Feuers blickte das blaue Auge. Als
Kleidung diente beiden Geschlechtern ein ärmelloses leinenes ober
wollenes Gewand; barüber warfen die Männer bei ihrem Auszuge
gewöhnlich einen Mantel oder ein Tierfell. Die Wohlhabenden trugen
enganliegende Röcke aus Wolle oder Leinen. Beide Geschlechter schmückten
sich gern mit Ringen, Spangen uttb Ketten.
Als ein furchtbares Krieg er Volk erschienen die Germanen
selbst den kampfgeübten Römern. Den tapfersten Legionssoldaten über-
lies dtt Grauen, wenn diese blonden Recken in dichtgedrängten Scharen
heranstürmten. Sie sahen auch zu schrecklich aus mit ihren scheuß-
lichen Helmen, die wie Rachen seltsamer Tiere geformt waren oder
gar aus wirklichen Tierschädeln bestanden, mit ihren grellangestrichenen,
gewaltigen Schilden aus Flechtwerk und mit ihren schweren Lanzen, den
Fr amen, deren Meißelspitze so furchtbare Wunden schlug! Und wie