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geriet in Gefangenschaft. Die Befehlshaber schlachtete man
den Göttern, die Priester wurden aufgehängt, die verhaßten Rechts-
gelehrten sogar unter besonderen Martern hingerichtet; die übrigen
wurden als Sklaven verteilt.
Freudenfeuer flammten auf den Bergen Germaniens; aber in
Rom entstand bei der Nachricht von dieser Niederlage gewaltiger
Schrecken. Der Kaiser Augustus soll in seiner Verzweiflung die Stirn
an die Wand gestoßen und ausgerufen haben: „Meine Legionen,
Varus, gib mir meine Legionen wieder!" Man glaubte, die
Germanen würden Italien und Rom angreifen; aber sie dachten in
ihrer Uneinigkeit nicht an Angriff und Eroberung. Nur die Zwing-
bürgen und die Heerstraßen der Römer wurden auf Armins Be-
treiben zerstört.
4. Armins Ende. Auf Kaiser Augustus folgte T i b e r i u s.
Dieser übertrug dem Germanicus, dem Sohne des Drusus, Den Ober-
befehl über die Heere am Rhein. Germanicns kam mehrmals über
den Fluß und machte Einfälle in das Land der Germanen, die sich
durch Bruderkriege selbst zerfleischten. Er nahm sogar Thusnelda,
Armins Gemahlin, gefangen und ließ sie unter sicherer Bewachung
nach Rom bringen. Armin rief die Deutschen zu neuem Rachekampfe
auf und führte sie wiederholt in den Streit, aber nie erblickte er Thus¬
nelda wieder.
Traurig war Armins Ende. Zwölf Jahre war er der
Führer im Kampfe gegen die Römer gewesen. Als er sich zum König
der Westgermanen machen wollte, wurde er ermordet; in der Blüte
seiner Kraft, im Alter von 37 Jahren, traf ihn der Tod. Lange be-
trauerten ihn die Deutschen und feierten feine Taten in Liedern. Seit
dem Jahre 1875 ragt sein Standbild hoch empor auf der Groten-
bürg bei Detmold, ein Sinnbild der Hingabe für Frei¬
heit und Einigkeit des Vaterlandes. Sein hoch gerecktes Schwert
trägt die mahnende Inschrift: De-utsche Einheit meine Stärke,
meine Stärke Deutschlands Macht!
5. Das Verhältnis der Römer zn den Germanen nach der
Teutoburger Schlacht. Der schiffbare Rheinstrom gewährte den Römern
bald nicht genug Schutz gegen die Angriffe der kühnen Germanen.
Sie schoben darum ihre Grenze über den Fluß vor und legten zu
deren Sicherung eine Riesenbefestigung an, den Limes oder
Pfahlgraben. Diese Befestigung ist 542 Kilometer lang, so lang
wie der Weg von Frankfurt nach Berlin. Man unterscheidet den
Rheinischen und den Rhätischen Limes. Der elftere ging von
Rheinbrohl bis nach Schwäbisch-Gemünd und war ein durch Pfahle
geschützter Wall mit einem Graben davor. 80 Kastelle konnten alle
bequemeren Wege über den Limes sperren, und von 900 Warttürmen