Full text: Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit

84 Kämpfe mit Polen und Erwerbung des burgundischen Königreichs. 
kinderlosen Königs Rudolf die Erbfolge zusichern. Auf dieses Versprechen 
wie seine eigene Verwandtschaft stützte Konrad nach Heinrichs Tod 
seine und des Reiches Ansprüche auf Burgund, die König Rudolf auch 
Ernst von anerkannte. Dies verletzte Konrads Stiefsohn,. Ernst von Schwaben, 
Schwaben 5)er nähere Anrechte auf Burgund zu haben glaubte, so sehr, daß er 
f 1030. ^eimal gegen seinen Stiefvater auflehnte (1025, 1027, 1030). 
Für die erste Empörung, die noch vor Konrads erste Jtalienerfahrt fällt, 
erwirkte ihm seine Mutter Gisela *) noch Verzeihung. Als er die Ab- 
Wesenheit des Kaisers in Italien zu einer zweiten Erhebung benützte, 
brachte ihn dieser nach seiner Rückkehr (zu Ulm) in seine Gewalt und 
setzte ihn auf dem Gibichenstein bei Halle in Haft. Schon 1030 entließ 
ihn jedoch Konrad derselben, ja er gab ihm Schwaben, das Herzogtum 
seines Vaters, wieder unter der Bedingung, daß Ernst gegen seinen 
Freund Werner von Kiburg, der mehrmals den Landfrieden gebrochen, 
einschreite. Da sich Ernst dessen weigerte, sprach endlich Konrad II. 
die Acht, der Bischof von Konstanz den Bann2) über ihn aus; auch 
seine Mutter gab den rebellischen Sohn jetzt auf. Ernst flüchtete mit 
Werner in den Schwarzwald, wo beide eine Zeit von Raub und Plün- 
dernng lebten, bis sie eine Schar kaiserlicher Vasallen aufspürte und in 
einem erbitterten Kampfe niedermachte 1030 3). 
Kämpfe mit Polen und Erwerbung des burgundischen Königreichs. 
Die Nachgiebigkeit Konrads den dänischen Ansprüchen gegenüber 
erwarb nicht nur dem Kaiser die persönliche Freundschaft Knuds d. Gr., 
sondern sicherte auch das Reich nach Norden, als es von Osten her 
schwer bedroht war. Wie nämlich die Bürger von Pavia den Tod 
Heinrichs II. als erwünschte Gelegenheit angesehen hatten, sich von der 
deutschen Herrschaft loszumachen, so auch Polen. Dort hatte Boleslaw, 
der „Glorreiche", auf die Nachricht von Heinrichs Tod fofort den könig- 
!) Gisela (nicht GisÄa) ist die richtige, auch durch die mittelalterliche Neben- 
form Gisla erwiesene Aussprache des Wortes, das „Geisel" bedeutet. 
2) Acht, die höchste Strafe des Reiches, bestand darin, daß der König als oberster 
Nichter dem Geächteten alle seine Würden und Besitzungen aberkannte und ihm den 
öffentlichen Rechtsschutz entzog, so daß ihn jeder ungestraft töten durfte. —- Bann, 
höchste Strafe der Kirche, = Exkommunikation oder Ausschließung aus der kirchlichen 
Gemeinschaft. — Nach mittelalterlicher Auffassung sollten die beiden innig verbundenen 
Gemeinwesen Reich und Kirche sich gegenseitig mit ihren Mitteln und Strafen unter- 
stützen, wie obiges Beispiel zeigt. Den Rebellen, den das Reich geächtet hat, trifft 
auch der Bann; umgekehrt sollte auch den Exkommunizierten der weltliche Arm ver- 
folgen. 
3) Die den Einigungsplänen des Kaisertums noch immer widerstrebende Sprödlg- 
keit des deutschen Stammesbewußtseins, sowie der einzige schöne Zug an dem Charakter 
des trotzigen und unbändigen Schwabenherzogs, seine Freundestreue, ließ sein Andenken 
nicht untergehen. Das Volk sang mit Vorliebe von ihm und als die Kreuzzüge eine 
Sucht nach Fremdem und Seltsamem weckten, wurde das Lied vom Herzog Ernst 
geradeso wie andere nationale Dichtungen in der buntesten Weise mit ausländischen 
Sagenstoffen durchwebt und mit der ganzen Fabelwelt morgenländischer Phantasie 
durchsetzt: da zog auch der Herzog Ernst ins heilige Land, erlebte die wunderbarsten 
Abenteuer am Magnetberg, bei den Greifen, beim Kranichvolk und anderen Fabelwesen, 
bis er nach Hause zurückkehrte und den „Waisen", d. i. den einzig dastehenden Edel- 
stein, in der mittelalterlichen Kaiserkrone mitbrachte.
	        
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