Full text: Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit

Folgen des 30-jährigen Krieges für Deutschland. 261 
tote unwichtig schon die eigentlichen Reichscutgelegenhetten erschienen, zeigt 
der Umstand, daß Reichstage alter Ordnung, auf denen der Kaiser mit 
den Fürsten noch persönlich zusammenkam, nach dem 30-jährigen Krieg 
nicht mehr abgehalten wurden. Dafür gab es seit 1663 einen ständigen 
Reichstag zu Regensburg, der durch Abgesandte des Kaisers, der Fürsten 
und der Reichsstädte gebildet wurde. Da Deutschland an politischer ..Politisches 
Macht wie an Einwohnerzahl und Wohlstand ganz erschöpft aus dem ^^nfSs 
großen Kriege hervorging, gewannen nun die beiden Garanten des West- u. Schwedens. 
Mischen Friedens, Frankreich und Schweden, entscheidenden Einfluß auf 
seine Geschicke. Zu dieser politischen Bevormundung durch das Ausland 
kam aber noch, daß ^MM-Bolk^ auch an geistig Kraftstw-eM Jahr- 
Hundert gebrochewÄar und deshalFm knechtische Nach ahmung der Fremde, 
belonder^Frankreichs verfiel. Dieses Land gab nun den Ton in Literatur, 
Kunst, Wissenschaft, Mode, ja in der Sprache, kurz auf allen Lebens- 
gebieten an. Man kann nach alle dem wohl sagen, daß der 30-jährige 
Krieg Deutschland gut um zwei Jahrhunderte zurückgeworfen hat: ein 
volles Jahrhundert brauchte es, um auf geiftig-literarischem Gebiet wieder 
selbständig zu werden (1748 Klopstocks Messias. 1767 Lessings Drama¬ 
turgie) , erst um die Mitte unseres Jahrhunderts fingen die moderne 
Industrie wie die Eisenbahnen auch bei uns an, das materielle Leben 
reicher zu gestalten und in dem bis dahin armen Lande wieder mehr 
Wohlstand zu verbreiten, aber erst 1867, bezw. 1871 gewann Deutsch¬ 
land sein Selbstbestimmungsrecht endlich auch aus politischem Gebiet 
wieder, auf dem es seit 1648 vom Auslande so oft vergewaltigt worden. 
Betrachten wir noch, welche Folgen die Religionskämpfe des 16. und Monarchischer 
17. Jahrhunderts für Europa gehabt haben. Den Hauptvorteil aus 
den großen Religionskriegen, deren letzter der dreißigjährige war, zog 
nicht die Kirche,sondern die fürstliche Gewalt. Denn an diese lehnte 
sich einerseits die alte Kirche an, um ihr früheres Gebiet zurückzuerobern, 
andrerseits suchten und fanden auch die neuen Bekenntnisse gegen die 
Gesahr der Gegenreformation gerade bei der Fürstengewalt Rückhalt uud 
Schutz. Infolge davon wurde in katholischen wie in protestantischen 
Ländern (mit einziger Ausnahme von England) die Monarchie unum¬ 
schränkt , was sie in den deutschen Staaten schon durch die allgemeine 
Erschöpfung aller anderen Kräfte und Gewalten infolge des Krieges 
hatte werden müssen. So folgt auf das Zeitalter der Gegenreformation 
(welche die Vernichtung des Protestantismus doch nur in Frankreich, Öfter- 
reich und Bayerns) vollständig erreicht hat) das des fürstlichen Ab- 
solutismus, der je nach der Persönlichkeit seines Inhabers segensreich 
oder verderblich gewirkt hat. Nirgend aber erlangte die absolute Monarchie 
eilte so unbedingte Geltung als (unter Ludwig XIV.) tu Frankreich, zu 
dessen Geschichte wir uns jetzt wenden. 
Wie wenig z. B. gerade der Papst mit den kirchlichen Bestimmungen des 
30-jährigen Krieges zufrieden war, geht daraus hervor, daß er den westfälischen Frieden 
gar nicht anerkannte. 
2) Die Erfolge der Gegenreformation in Deutschland lassen fich auf Konfessions¬ 
karten in einer Linie verfolgen, die von den nördlichen Grenzgebirgen Böhmens über 
das Flchtelgebirge, die Nordwestgrenze der Oberpfalz entlang über die obere Donau 
bis gegen Konstanz verläuft. 
Eindringen 
'ranchsischen 
Wesens.
	        
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