Übergang der Germanen von der Verteidigg. zum Angriff auf das röm. Reich. 17
Wanderung durch die Namen und Thaten anderer Helden verdrängt
worden und das ganze Mittelalter hindurch erloschen war. lebte es im
Zeitalter des Humanismus wieder auf, seitdem Ulrich von Hutten diesen
ersten Freiheitshelden der deutschen Geschichte in einem Totengespräche
feierte. Während der napoleonischen Fremdherrschaft von Heinrich
von Kleist in seiner „Hermannsschlacht" aufs neue heraufbeschworen,
wurde der Name Armins wie zu einem Symbole der Unabhängigkeit und
Einigkeit Deutschlands. In diesem Sinne beschloß man, nach den Frei-
heitskriegen dem Cheruskerhelden ein Kolossaldenkmal im Teutoburger Das
Wald zu errichten, das 1875 durch Kaiser Wilhelm I. auf der Groten- „Hermanns-
bürg bei Detmold enthüllt wurde. denkmal.
Übergang der Germanen von der Verteidigung zum Angriff
auf das römische Reich 166 n. Chr.
Nachdem Tiberius seinen Neffen Germanikus aus Deutschland ab-
berufen hatte, gaben die Römer ihre Pläne auf Großgermanien end-
giltig auf. Seitdem wurden die Beziehungen zwischen Römern und
Germanen wieder friedlichere, nur unterbrochen von dem Aufstande der
Bataver, die sich unter Civilis um 70 n. Chr. gegen die römische Herr-
schaft erhoben, aber wieder unterworfen wurden.
Etwa hundert Jahre darnach vollzieht sich ein großer Umschwung
in dem Verhältnisse der Germanen zu den Römern. Sehen wir von
den Zügen der Kimbern uud Teutonen ab, so waren bis etwa 170 n. Chr.
die Römer die Angreifenden, die Germanen die Angegriffenen. Von da
an kehrt sich dieses Verhältnis um. Nun richten die Germanen, wahr-
scheinlich ebenso sehr im Osten durch sarmatische (slavische) Stämme ge-
drängt, als von den Schätzen des römischen Reiches im Süden gelockt,
immer häufigere und heftigere Angriffe gegen die Grenzen dieses Welt-
reiches. Diesen Angriff eröffneten die Markomannen und Quadeu, die Markomannen-
(166 n. Chr.) aus Böhmen und Mühren in die römische Provinz Pan- tries-
nonien (Ungarn rechts der Donau) einfielen und, allgemeinen Schrecken
verbreitend, bis nach Aqnileja vordrangen. Zwar drängte sie der treff- ;
liehe Kaiser Mark Aurel (in Kämpfen, die bis 180 dauerten) wieder
über die Donau zurück'), aber fein Sohn nnd Nachfolger Commodus
zog es vor, dem gefürchteten Feinde einen billigen Frieden zu gewähren.
Verschmelzung der Völkerschaften zu Stämmen.
Die Folge der oft bitteren Erfahrungen, welche die Germanen aus Stämme,
ihren Kämpfen mit den Römern zogen, war, daß sich einzelne Völker-
schaffen nicht mehr bloß vorübergehend, wie unter Armin, zu Kriegs-
bündnissen, sondern zu dauernder Waffengenossenschaft zusammeuschlossen,
um dem mächtigen Weltreich eher gewachsen zu sein. So tritt an die
*) Die der Trajanssäule nachgebildete Ehrensäule Mark Aurels auf der Piazza
Colonna in Rom zeigt in Reliefs dessen Kämpfe mit den Markomannen; desselben
Kaisers Reiterstatue in Erzguß ziert heute noch den Platz vor dem Ttadthaus aus dem
Kapitol.
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