Full text: Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit

402 Napoleons Einwirkung auf den Norden und Osten. 
brauchte, die Polen zum Aufstand, die durch Freiwillige seine Truppen 
verstärkten. So entbrannte der Krieg Anfang 1807 im Weichselgebiet 
Eilau. aufs neue. *) In der Schlacht bei Preußisch-Eilau (südl. von Königs- 
berg) fand Napoleon so entschlossenen Widerstand, besonders auch an 
dem preußischen Flügel, der den ihm gegenüberstehenden französischen 
zurückdrängte, daß er zum erstenmal ein Schlachtfeld nicht unbestritten 
sein nennen konnte.^) Nachdem die Lücken, welche diefe Schlacht in die 
Streitkräfte beider Teile gerissen,3) wieder ausgefüllt waren, kam es bei 
Friedland. Friedland (öftl. von Eilau) zur Entscheidungsschlacht, die Napoleon ge- 
wann. Nun schlössen die verbündeten Monarchen von Preußen und 
Rußland Waffenstillstand und, nachdem sie mit Napoleon auf einem in 
der Mitte der Memel befestigten Floße unter einem Zeltdache zusammen- 
Friede von gekommen, den Frieden von Tilsit 1807. Derselbe war für Rußland 
Tilsit 1807. ebenso günstig, als hart für Preußen. Denn während Rußland sogar 
einen bis dahin preußischen Bezirk Polens (den Kreis von Bialystok, 
nördl. vom oberen Narew) erhielt und dafür sämtliche Schöpfungen 
Napoleons anerkannte, mußte Preußen die Hälfte seines Gebietes, näm- 
lich Alles, was es zwischen Rhein und Elbe besessen, den Rest seiner 
fränkischen Besitzungen (Baireut) und was es in der zweiten und dritten 
Teilung Polens erworben hatte, zur freien Verfügung Napoleons ab¬ 
treten , sein stehendes Heer ans 42 000 Mann herabsetzen, in seinen 
Städten und Festungen französische Besatzungen bis zur Abtragung 
aller Kriegsentschädigungen 4) unterhalten und endlich dem System der 
Kontinentalsperre beitreten. Auch die Bitten der edlen Königin Luise, 
die man zu einer Zusammenkunft mit Napoleon nach Tilsit berief, ver- 
mochten die Bedingungen des Siegers nicht zu mildern, wenn auch die 
Haltung der ebenso schönen als vornehmen Frau, die Napoleon früher 
als „Preußens Helena" geschmäht hatte, ihm persönliche Achtung ab- 
nötigte.5") 
Napoleons Einwirkung ans den Norden und Osten. 
Ans den von Preußen abgetretenen Gebietsteilen bildete Napoleon 
Königreich drei neue Staaten. Während er das fränkische Baireut an Bayern gab, 
Westfalen, schloß er die zwischen Rhein und Elbe liegenden Stücke, in denen die 
1) Man rechnet diesen Kampf der Preußen und Russen gegen Napoleon auch als 
den IV. Koalitionskrieg. 
2) Beide Teile schrieben sich den Sieg zu. 
3) 60,000 Tote und Verwundete bedeckten das Schlachtfeld; der Krieg erlitt eine 
4-monatliche Unterbrechung. 
4) Die Kriegsentschädigungen beliefen sich nach preußischer Rechnung aufl9Mil- 
lionen Franken, wurden aber von französischer Seite schließlich (1808) bis auf 140 Mil¬ 
lionen gesteigert. 
5) Frejlich konnte er sich nicht enthalten, sie in der ihm eigenen brüsken Art 
mit der Frage zu behelligen, wie es Preußen habe wagen können, sich ihm entgegen- 
zustellen, worauf Luise erwiderte: „Sire, dem Ruhme Friedrichs d. Gr. war es wohl 
erlaubt, uns über unsere Kräfte zu täuschen, wenn wir uns überhaupt getäuscht 
haben." — Luise machte noch einen letzten Versuch, wenigstens Magdeburg der 
Monarchie zu retten; allein vergebens. Sie äußerte mit Bezug auf diesen Verlust, 
wenn man ihr Herz öffnen könnte, würde man mit blutigen Zügen den Namen dieser 
Stadt darin finden. Königin Luise f 1810; Grabdenkmal in Charlottenburg von Rauch.
	        
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