Full text: Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit

Napoleons Einwirkung auf den Norden und Osten. 403 
Wichtigen Festungen Magdeburg und Minden lagen, mit den Besitzungen 
des vertriebenen Herzogs von Braunschweig, des verjagten Kurfürsten 
von Hessen und Teile» von Hannover (um Göttingen) zu einem „König¬ 
reich Westfalen" mit der Hauptstadt Kassel zusammen, das er seinem 
jüngsten Bruder Jerome') mit der Auflage verlieh, die Hälfte der Ein- 
künfte ihm abzuliefern. Was Preußen 1793 und 1795 von Polen er- Herzogtum 
halten hatte, wurde (mit Ausnahme von Danzig) zu ein£m „Herzogtum Warschau. 
Warschau" umgeschaffen, das durch Personalunion mit dem Königreich 
Sachsen verbunden wurde. Danzig mit entsprechendem Gebiet wurde Freie Stadt 
zur „freien Stadt" erklärt, erhielt aber eine französische Besatzung. Mit Danzig. 
dlefen Schöpfungen enttäuschte Napoleon die Hoffnungen, die er selbst 
11t den Polen ans völlige Wiederherstellung ihres Reiches geweckt hatte • 
er opferte diese Nation, die im Feldzug von 1807 seine Truppen ernährt, 
gekleidet und verstärkt hatte, aus Rücksicht auf feinen neuen Freund 
Alexander I. von Rußland. Da dessen Reich Napoleon zu fern und zu Russisch-fran- 
groß war, um es wie die übrigen Staaten Europas zu tyrannisieren, Zische Allianz, 
hatte er den Zaren für feine Pläne zu gewinnen gesucht, indem er ihm 
zu Ttlstt die Aussicht auf ein russisch-französisches Protektorat über 
Europa eröffnete. Während Frankreich dem Südwesten und dem Herfen 
Europas gebot, sollte Rußland freie Hand gegen den skandinavischen 
Norden und den türkischen Südosten haben. Beide Großmächte sollten 
außerdem zusammenwirken, um den Handel des verhaßten England auf 
dem Kontinent zu vernichten. Von weicher Natur und deshalb leicht 
bestimmbar, dabei ehrgeizig, war der Zar Alexander auf die ihm zuae- 
teilte glanzende Rolle bei der gemeinsamen Beherrschung des europäischen 
Erdteils eingegangen und hatte nicht nur aus Napoleons Hand einen 
bisher seinem Verbündeten und Freunde Friedrich Wilhelm gehörigen 
politischen Kreis (Bmlystok) angenommen, sondern überließ auch an Na- 
Poleon die 1799 den Franzofen entrissenen) jonifchen Inseln, trat der 
Kontinentalsperre bei und schickte sich an, die Politik Peters d G. gegen 
Schweden wieder aufzunehmen. Dort regierte damals Gustav IV., ein Schweden. 
Mann von ähnlichem Starrsinn wie einst Karl Xll., nur ohne dessen 
Heldennatur. Ein entschiedener Feind der Revolution und Napoleon^ 
den er tote das bök Prinzip betrachtete uud auch nach seiner Kaiser- 
tt-onuug stets nur Bouaparte nannte, war Gustav IV. 1805 der dritten 
rirr?" beigetreten, und hatte mit Frankreich noch immer keinen Frieden 
geschlossen, auch als Rußland sich zu dem von Tilsit verstand. Nun 
Öteng das Interesse Napoleons mit dem des Zaren zusammen. Indem 
ich dieser gegen fernen emstigen Verbündeten von der dritten Koalition 
wandte, erwies er nicht nur Napoleon einen Dienst, fondern erwarb 
auch dem russischen Reich durch einen Krieg 1808—1809 ganz Finnland 
0t3 zum Torneaelf und die Alandsinfeln. Nachdem es Gustav IV. in 
nirfjfa lÄrtmÜ?S' aBrLIeid^ettid üon Natur, benutzte sein „Königtum", das 
Sei Imb auf W wlrhnÄerf &tattNterpoften war, zu einem luftigen Sefien zu 
in ber liriitrlL 1? -UM Sammeln eines Vermögens für alle Fälle, 
, richtigen Ahnung, baß bte unnatürlichen Schöpfungen feines Brubers bock 
zusammenbrechen könnten. Mit ber Nebensatt: „Morgen nneber lustigI" pfleqte ber 
vergnügungssüchtige König von Westfalen feine Festlichkeiten zu schließen. 
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