Full text: Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit

30 Chlodwig um 500. 
Chlodwig um 500. 
granfen. Als mächtigstes Volk gingen schließlich aus der Völkerwanderung 
die Franken hervor. Sie entstanden wie die übrigen deutschen Stämme 
durch Zusammenschluß mehrerer Völkerschaften: so ging unter anderen 
die der Sigamberu nachweisbarJ) im fränkischen Stamme auf. Der 
Stamm der Franken bildete sich am Niederrhein (aus istüvouischen 
Ripuarier. Völkerschaften) und teilte sich in zwei Gruppen: die ripuarischeu oder 
Uferfrauken, auch Rheinfranken in den alten Sitzen der Ubier (== Ufer¬ 
bewohner) um Köln 2) und in die nach der Jsala oder Sala (=:g)jsel) 
benannten salischen Franken. Erstere blieben, nachdem sie zum guten Teil 
die römische Provinz Niedergermanien, (besonders die Moselgegend) ein- 
genommen hatten, in Deutschland und sind die Väter der heutigen deutschen 
Bevölkerung in der preußischen Rheinprovinz, der bayerischen Pfalz, in 
Rhemhessen, Deutschlothringen und Luxemburg, die im Gegensatz zu den erst 
später von Franken eroberten Maingegenden das echte Frankenland sind, 
die salischen Franken dagegen gerieten ins Wandern, zogen von der 
Nlsel und Rheinmündung ins heutige Belgien und nördliche Frankreich, 
verloren in letzterem Land (dem sie freilich den neuen Namen gaben) 
ihre deutsche Nationalität und wurden so zum Teil die Väter der heutigen 
Franzosen. Als die Franken sich gegen das römische Reich in Bewegung 
setzten und in die Provinzen Niedergermanien und Belgien eindrangen, 
stunden sie übrigens wie die Alemannen unter mehreren Königen und 
stifteten so auch in ihrer neuen Heimat (ähnlich wie die Angelsachsen in 
Britannien) mehrere kleine Herrschaften neben einander. Ihre Könige, 
Merowillger. alle dem Stamme der Merowinger angehörig, residierten zu Cambrai, 
Tournah und anderen Städten, der König der Uferfranken zu Köln. 
Wie wenig politischen Zusammenhalt sie kannten, zeigt, daß in der 
Schlacht auf den katalaunischen Feldern die Salier unter ihrem König 
Merowech auf römisch-westgotischer Seite, die Ripuarier im Heere Attilas 
kämpften3). 
Chlodwig. Politische Bedeutung erlangten sie erst durch den Zeitgenossen 
Theodorichs des Großen Chlodwigs), der von 481 — 511 regierte. Ur¬ 
sprünglich nur König von Tournay (= Doornyk), der ein Gebiet von 
Maas und Waat bis zur Somme beherrschte, dehnte Chlodwig seine 
Herrschaft durch treulose Beseitigung seiner Nebenkönige allmählich über 
alle Franken (auch die ripuarischen) aus und vereinigte sast das ganze 
Gallien, in dessen nördlichem Teil sich sein Volk niedergelassen hatte, 
unter seinem Scepter: bei seinem Tode bestand in Gallien neben dem 
seinen nur noch das (übrigens auch durch ihn schon sehr erschütterte) 
Reich der Burgunder. Die Mittel, durch welche Chlodwig diese Erfolge 
errang, waren durchweg Heuchelei, List, Treubruch und Mord. 
Zunächst machte er dem letzten Reste des schon (bor 10 Jahren) 
untergegangenen weströmischen Reiches in Gallien ein Ende. Hier 
') Chlodwig wird Bei seiner Taufe vom hl. Remigius „Sigamber" angesprochen. 
2) Auch die Hessen «die früheren Chatten) gehören zu ihnen. 
3) Ahnlich wie damals West- und Ostgoten gegeneinander stritten. 
4) Chlodowech, Chlodwig — Ludwig.
	        
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