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Fortsetzung. Kriegswesen.
Seit der Erfindung des Schießpulvers hatte sich,
wie ich euch schon bemerkt habe, das ganze Kriegswesen
verändert. Die Heere bestanden jetzt nicht mehr aus
den zusammenberufenen Reichslehenträgern mit ihren Va¬
sallen, sondern aus angeworbenen und besoldeten gut
geübten Truppen. Schon unter Maximilian I. tha-
ten sich die sogenannten Lanz kn echte durch Kühnheit
und Tapferkeit hervor. Sie hatten diesen Namen von
den Lanzen, die sie führten. Man nahm sie aber nicht
beständig, sondern nur auf eine Zeitlang in den^Sold;
uach geendigtem Kriege wurden sie wieder entlassen. Kam
ein neuer zum Ausbruch, so drängten sie sich den Wer¬
bern schaarenweise zu; deswegen war es im dreißigjäh¬
rigen Kriege dem Wallen stein, und andern Heerfüh¬
rern, so leicht, in einigen Monaten Heere von 20,000
und noch mehr Mann zusammen zu bringen. Das zü¬
gellose Leben, das ihnen in den Kriegen jener Zeit zu¬
gelassen wurde, das Rauben, Plündern, Spielen und
Saufen war für sie keine geringe Lockung; daher sagt
ein alter Chronikschreiber: „Wenn der Teufel Sold
ausschrcibt, so ficugt und schneit es zu, wie die Fliegen
im Sommer, daß sich doch jemand zu todt verwundern
möchte, wo dieser Schwarm nur alle her käme und sich
den Winter verhalten hat." — Zn vorigen Zeiten kehrte
das Kriegsvolk nach dem Frieden zu seiner Arbeit, zum
Pfluge, zur Werkstatt zurück; die Lanzknechte hingegen
hielten sich bloß zum Kriege bestimmt. War dieser zn
Ende, so verzehrten sie zu Haus die gemachte Beute in
Müßiggang, quartirten sich bei den Bauern ein, prahl¬
ten mit ihren Thaten, und wenn alles verzehrt war,
gingen sie betteln, oder nährten sich von Rauben und