Full text: Geschichte der Neuzeit (H. 3)

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Die Zeit der Umwälzungen. 
1S47. Vereinigten Landtage (1847) trat er zuerst als politischer Redner auf. 
Schon damals zeigten seine Reden, daß er an zwei Grundpfeilern des 
preußischen Lebens unerschütterlich festhielt: Königtum und Christen- 
tum. 1851 wurde er Bundestagsgesandter in Frankfurt; als solcher 
durchschaute er die Unfähigkeit des Deutschen Bundes, Deutschland groß 
und mächtig zu machen; er erkannte das Bemühen Österreichs, mit Hilfe 
der Mittel- und Kleinstaaten Preußens Einfluß herabzudrücken. Österreich 
1859. galt ihm fortan als Haupthindernis deutscher Einheit und Größe. 1859 
ging er als preußischer Gesandter nach Petersburg und 1862 in gleicher 
Eigenschaft auf einige Monate nach Paris. Diese Jahre waren für ihn 
die diplomatische Lehrzeit: er lernte einflußreiche Persönlichkeiten, die 
Stimmung der höfischen Kreise und das höfische Treiben in Rußland und 
Frankreich genau kennen. 
1862. Als Ministerpräsident wandte Bismarck im preußischen Abgeord- 
netenhause vergebens seine ganze Beredsamkeit auf, die widerstrebende 
Mehrheit davon zu überzeugen, daß die Einführung der neuen Wehrordnung 
durchaus nötig sei. „Nicht durch Reden und Mehrheitsbeschlüsse," sagte 
er einmal, „werden die großen Fragen entschieden — dies ist der Fehler 
von 1848 und 49 gewesen —, sondern durch Eisen und Blut." Weder 
der Spott über den „Mann von Blut und Eisen", noch der Haß und das 
Mißtrauen, mit dem der größte Teil des Volkes auf ihn sah, machte ihn 
wankend; er begnügte sich damit, daß er das Vertrauen des Königs genoß, 
und gab nicht nach. Die Heeresreform wurde gegen den Willen der Mehrheit 
des Abgeordnetenhauses durchgeführt. (Konfliktszeit.) Da brachte ein 
Ereignis in Dänemark Preußen und Deutschland auf die rechte Bahn. 
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Albrecht von Roon, geb. 1803, der Sohn eines pommerschen Ritterguts- 
besitzers, trat im Alter von 13 Jahren als Kadett in die preußische Armee ein und 
wurde schon als junger Offizier Lehrer an der Kriegsschule in Berlin. Später 
leitete er die militärische Erziehung des Prinzen Friedrich Karl, nahm 1849 an der 
Niederwerfung des badischen Aufstandes teil und lag dann mit seinem Regiment zu 
Cöln in Garnison. Der Prinz Wilhelm hatte ihn schon während des Feldzuges 
schätzen gelernt und trat jetzt (als militärischer Befehlshaber von Rheinland und 
Westfalen) mit ihm in nähere Verbindung. Als Prinzregent beauftragte er ihn, einen 
Entwurf für die Verbesserung des Heeres auszuarbeiten, und berief ihn dann zum 
Kriegsminister. — Die Zahl der Rekruten war seit 1815 nur wenig vergrößert worden, 
obwohl die Einwohnerzahl des Landes ganz bedeutend gewachsen war. Eine große 
Zahl der waffenfähigen Jünglinge war infolgedessen vom Soldatendienst frei, so daß 
von einer allgemeinen Wehrpflicht kaum die Rede sein konnte. Das preußische Heer 
war verhältnismäßig viel zu klein; im Kriegsfalle hätte man die älteren, meistens 
verheirateten Landwehrmänner einziehen müssen. Nach Roons Meinung sollten aber 
„die jüngeren Brüder zuerst ihre Haut zu Markte tragen, bevor die Familienväter 
an die Reihe kommen". Die Heeresreform wurde nun nach Roons Vorschlägen 
unter dem Ministerium Bismarck ins Werk gesetzt: die Zahl der Rekruten, der 
Offiziere und Unteroffiziere wurde bedeutend vermehrt, die Dienstzeit der Landwehr da- 
gegen verkürzt. Die Folge dieser Maßregel war, daß Preußen 1866 und 1870 mit 
überlegenen Truppenmassen ins Feld rücken konnte.
	        
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