Full text: Geschichte der Neuzeit (H. 3)

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Die Zeit der unumschränkten Fürstengewalt. 
gleich nach der Besitzergreifung angelegte B'romberger Kanal, der die 
Weichsel mit der Oder und dadurch mit der Elbe verband. 
3. Friedrich der Große und die Stände. Die Sorge des Königs er- 
streckte sich auf alle Provinzen und auf alle Klaffen der Bevölkerung. Die 
Einteilung in Kreise, die der Große Kurfürst bereits in Brandenburg 
und Pommern vorgenommen hatte, wurde jetzt überall durchgeführt. Die 
Regierung im Kreise führte der Landrat. Zwar hielt Friedrich die be- 
stehende Trennung der drei Stände: Adel, Bürger und Bauern, zum 
Gedeihen des Staates für notwendig. Er ließ deshalb dem Adel den 
Alleinbesitz der Rittergüter und die höheren Stellen im Staats- und Heeres- 
dienste. Als Menschenfreund aber sorgte er auch für die Bauern; er 
schützte sie, wie schon sein Vater getan hatte, gegen Gewalttätigkeiten ihrer 
Gutsherren. Wo die härtere Form der Unfreiheit, die Leibeigenschaft, 
bestand, verwandelte er sie in die mildere, die Erbuntertänigkeit. Auf- 
gäbe des Stadtbürgers war, Gewerbe und Handel zu treiben. Um die 
Industrie zu heben, wurde die Ausfuhr von Rohstoffen verboten, die 
Einfuhr fremder Jndustrieerzeugniffe durch hohe Zölle erschwert. 
Die Fabrikation von Kattun und Seidenstoffen förderte er durch Zu- 
schüsse aus der Staatskasse. 
4. Joseph II. Die Grundsätze Friedrichs des Großen brachen sich in 
den meisten europäischen Ländern Bahn: es gab in der letzten Hälfte des 
18. Jahrhunderts eine ganze Anzahl Fürsten (besonders deutsche), die sich 
bemühten, das Wohl ihrer Untertanen zu fördern, freilich nach ihrem 
Willen und Ermessen, ohne Mitwirkung des Volkes („aufgeklärter 
Despotismus"). — Friedrichs bedeutendster Nachahmer war Joseph II. 
von Österreich, ein sparsamer, tätiger, volksfreundlicher Fürst. Seit 
dem Tode seines Vaters 1765 war er deutscher Kaiser und Mitregent seiner 
1780. Mutter in den österreichischen Ländern. Als Alleinherrscher seit 1780 ge¬ 
währte er durch ein Toleranzedikt (Duldungserlaß) den Nichtkatholiken 
freie Religionsübung und gleiche staatliche Rechte wie den Katholiken. 
Die Zahl der Klöster verminderte er und benutzte das dadurch gewonnene 
Vermögen zur Errichtung von Schulen und wohltätigen Anstalten. Er 
hob die Leibeigenschast der Bauern auf und führte gleichmäßige Be- 
steuerung und Gleichstellung vor dem Gesetze ein. Dadurch wurde der 
Adel ebenso erbittert gegen den Kaiser, wie es schon die Geistlichkeit war. 
Joseph wollte auch in allen seinen Ländern dieselbe Verwaltung einführen; 
in Ungarn sollte das Deutsche als Amtssprache gelten. Doch führte er, 
obwohl von den edelsten Absichten geleitet, diese Maßregeln mit unbesonnener 
Haft durch. Friedrich der Große sagte von ihm, er pflege den zweiten 
Schritt zu tun, ehe er den ersten getan habe. So erregte er vielerorts, 
besonders in Ungarn, große Unzufriedenheit, und manche seiner Verfügungen 
mußte er wieder zurücknehmen. Von Gram über den Mißerfolg vieler seiner 
1790. Unternehmungen niedergebeugt, starb er 1790.
	        
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