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3. Der Kampf um die Vorherrschaft in Teutschland 1866.
a) Die Vorbereitungen zum Kampfe.
Der siegreiche Krieg von 1864 hatte Schleswig-Holstein für immer aus den
Händen der Dänen befreit. Es erhob sich nun die Frage, wer die beiden Herzogtümer
beherrschen solle. Anfangs führten Osterreich und Preußen die Verwaltung gemein-
sam. — Die Schleswig-Holsteiner selbst hatten das Verlangen, unter dem Herzog
Friedrich von Augustenburg einen selbständigen Staat zu bilden. Darin
fanden sie auch Unterstützung bei dem Deutschen Bunde und bei den Österreichern;
denn beide suchten das Anwachsen der preußischen Macht auf alle Fälle zu der-
hindern. Mit dieser Lösung der schleswig-holsteinischen Frage war aber Bismarck
durchaus nicht einverstanden; er konnte nicht zugeben, daß sich im Rücken Preußens
ein neuer Mittelstaat bildete, der stark genug war, im Falle eines Krieges Preußen
zu schaden, aber zu schwach war, Preußen zu schützen. Am liebsten hätte er die
beiden Herzogtümer seinem Staate sogleich einverleibt; das ging aber nicht, ohne
das Recht des Kaiserstaates zu verletzen. Deshalb entschied er sich für den Plan,
die Herzogtümer Friedrich von Augustenburg zu übergeben, wenn dieser gewillt
sei, die Leitung des Heeres und der Politik, die Festung Rendsburg und den Kieler
Hafen, einige Landstriche zur Befestigung des Alfenfundes und zum Bau
eines Kanals zwischen Nord- und Ostsee und das Post- und Telegraphenwesen
an Preußen zu überlassen. Der Herzog wies jedoch alle Vorschläge ab, weil er von
den österreichischen Staatsmännern unterstützt wurde. Bismarck aber hatte nicht
die Absicht, in dieser Frage nachzugeben, auch dann nicht, wenn sich daraus ein
Krieg mit Osterreich und den deutschen Mittelstaaten entwickeln sollte. Er behandelte
die beiden Herzogtümer von jetzt ab vielmehr als rein preußisches Gebiet; auf
seinen Antrag wurde die Marinestation von Danzig nach Kiel verlegt. Dadurch
wuchs natürlich die Spannung zwischen Osterreich und Preußen. Der Ausbruch
des Krieges wurde jedoch durch den Gast einer Vertrag (14. August 1865)
noch einmal hinausgeschoben. Es wurde bestimmt: die Oberhoheit Österreichs
und Preußens an den beiden Herzogtümern bleibt bestehen; die Verwaltung
wird getrennt, und zwar wird sie in Schleswig von Preußen und in Holstein von
Osterreich ausgeübt; die Zukunft der beiden Herzogtümer aber wird nur im Ein-
Verständnis der beiden Großstaaten geregelt; Lauenburg erhält
Preußen, dafür zahlt es an Osterreich 53/5 Millionen Mark. König Wilhelm
war froh, daß durch den Gasteiner Verirag der deutsche Bruderkrieg noch einmal
vermieden war, und erhob seinen Ministerpräsidenten aus Dankbarkeit für seine
Leistungen in den Grafenstand.
Bismarck aber wußte, daß „der Riß nur verklebt" sei, und daß es über kurz oder
lang doch mit Osterreich zum Kampfe kommen müsse. Der Kaiserstaat mußte aus
Deutschland hinausgedrängt werden, wenn Preußen die Führung der deutschen
Stämme übernehmen sollte. Dem unheilvollen Dualismus mußte ein Ende
gemacht werden, oder das gespaltene Deutschland wnrde wie einst das zerrissene
Polen die Beute fremder Nationen. Deshalb bereitete Bismarck alles umsichtig
auf einen Krieg vor. Zuerst begann er zu forschen, wie sich Preußens Nachbarn,