Full text: Das Mittelalter und die Neuzeit (Teil 2)

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Friedrich erhob übrigens nicht sein Brandenburg, sondern Preußen zum 
Königtum, weil er in dem ersteren vom Kaiser abhängig, durch den Besitz 
des letzteren dagegen selbständiger Fürst war. (1772, nach der ersten Teilung 
Polens, wurde der Titel „König in Preußen" in „König von Preußen" 
verwandelt.) 
Freilich wurde durch die bloße neue Würde der Staat nicht mächtiger; aber sie war, 
wie Friedrich der Große sich äußert, „eine Lockspeise, welche ihr Stifter allen seinen Nach- 
folgern hinwarf, und wodurch er ihnen zu sagen schien: Ich habe euch einen Titel erworben, 
macht euch dessen würdig; der Grund zu eurer Größeist gelegt; ihr müßt das Werkvollenden." 
Friedrich regierte als König noch zwölf Jahre (1701—1713). Er nahm 
am spanischen Erbfolgekrieg teil, erhielt aus der Erbschaft seines kinderlosen 
Vetters Wilhelm III., Königs von England und Erbstatthalters von Holland, 
das Fürstentum Neufchatel mit Valengin und die Grafschaften Mörs und 
Lingen und erwarb durch Kauf die Grafschaft Tecklenburg. — 
5. Der spanische Erbfolgekrieg wurde geführt in Italien, 
Deutschland, Spanien und den Niederlanden. Des Kaisers Feldherr, der 
Prinz Eugen, kämpfte siegreich gegen die französischen Heere in Italien, 
und der Engländer Marlborough besiegte darauf, mit Eugen vereinigt, die 
Franzosen und Bayern in der S ch l a ch t b e i H ö ch st ä d t (und Blenheim) 
1704 so entscheidend, daß jene über den Rhein zurückwichen und Bayern er- 
obert wurde. Unter Kaiser Josef I., der seinem Vater Leopold I. 1705 
folgte, dauerten Marlboroughs und Eugens glückliche Erfolge fort. Marl- 
borough besetzte nach dem Siege bei Ramillies (1706) die spanischen 
Niederlande, und Eugen schlug (mit Hilfe der Preußen unter Leopold von 
Dessau) die Franzosen bei Turin (1706) so, daß sie die Lombardei räumten 
und Neapel verloren. In Spanien, wo der Erzherzog Karl (1704) den Krieg 
begonnen hatte, wurde unterdes mit abwechselndem Glücke gekämpft. Allein 
nach den Siegen Eugens und Marlboroughs bei Oudenaarde 
(in Belgien, 1708) und Malp la q uet (im franz. Departm. Nord, 1709) 
war Ludwig so erschöpft, daß er Frieden verlangte und zur Aufopferung der 
ganzen spanischen Monarchie, ja selbst des Elsaß sich bereit erklärte. Nur 
die überspannte Zumutung der Verbündeten, daß er Truppen hergebe, um 
seinen Enkel aus Spanien zu vertreiben, bewog ihn dazu, den Krieg fort- 
zusetzen. Da änderte sich die Lage der Dinge. Die Königin Anna von Eng- 
land rief nämlich (nach Einsetzung eines neuen Ministeriums) den Marl- 
borough vom Oberbefehle ab und begann mit Frankreich zu unterhandeln; 
der Kaiser Joseph starb, und sein Bruder Karl wurde Kaiser (Karl VI.) und 
Herr der österreichischen Länder. Daher entzogen dem Kaiser seine Verbün- 
beten, welche die Vereinigung der spanischen und österreichischen Macht unter 
einem Haupte nicht wünschten, ihre Hilfe und schlössen mit Frankreich
	        
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