Full text: Das Mittelalter und die Neuzeit (Teil 2)

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und Sitte ein, errichtete Schulen und machte sich (nach Aufhebung des russischen 
Patriarchats) zum Oberhaupte der russisch-griechischen Kirche. Nachdem er von 
den Türken A s o w erobert und den freien Handel auf dem Schwarzen Meere er- 
rungen hatte, reiste er (1697—1698) zu seiner Ausbildung durch Deutschland 
nach Holland, wo er (zu Zaandam) Schiffe bauen half, und begab sich dann 
nach England, wo er das Schiffswesen in noch höherer Vollkommenheit kennen 
lernte. Ein Aufstand der Strelitzen, welche seine neuen Einrichtungen haßten, 
rief ihn nach Rußland zurück; er unterdrückte die Empörung mit blutiger Strenge, 
löste das Strelitzencorps auf, und nachdem er ein neues, von ausländischen Osfi- 
zieren eingeübtes Heer gebildet, suchte er nun den Plan auszuführen, die fchwedi- 
schen Ostseeländer zu erobern, um auch im Baltischen Meere eine See- 
macht zu gründen. 
2. Der nordische Krieg 1700—1721. Die Verbindung Peters des Großen 
mit den Königen von Polen und Dänemark gegen den jungen König Karl XTT 
von Schweden veranlaßte 1700 dm nordischen Krieg. 
Der Krieg begann damit, daß die Dänen Schleswig angriffen (das dem 
Herzog von Holstein - Gottorp, Karls XII. Schwager, gehörte), während die 
Sachsen in Livland, die Russen in Esthland einfielen. Karl aber landete rasch 
aus Seeland und zwang Dänemark zum Frieden (von Travendal). Dann wandte 
er sich gegen die Russen, deren Übermacht er mit seinem kleinen Heere in der 
Schlacht bei Narwa 1700 besiegte. Daraus gegen Polen gewandt, brachte er 
durch die Eroberung von Warschau und mehrere Siege das ganze Land in seine 
Gewalt, ließ den König August II. absetzen und an dessen Stelle Stanislaus 
Leszinsky zum polnischen König wählen. Durch einen Zug nach Sachsen 
nötigte er August zum Frieden (zu Altranstädt 1706), in welchem dieser dem 
polnischen Throne entsagte. 
Unterdes hatte Peter einen Theil der Ostseeländer in Besitz genommen und 
dort die Erbauung der neuen Hauptstadt St. Petersburg (1703) begonnen. 
Mit dem Plane, auch ihn zu entthronen, kehrte sich nun Karl gegen Rußland, 
drang durch Einöden und Wälder bis über den Dnjepr vor, ließ sich aber durch 
den Kosakenhetman Mazepp a verleiten, nach der Ukraine zu ziehen, wo er ver- 
geblich die Hilfe der Kosaken erwartete, während Mangel und Winterkälte sein 
Heer schwächten. So wurde er von den Russen in der Schlacht bei Pultawa 1709 
gänzlich geschlagen und mußte sich als hilfloser Flüchtling nach der Türkei retten. 
Dort verweilte er als Gast des Sultans fünf Jahre, welche seine Feinde zu 
benutzen wußten, indem August II. Polen wieder in Besitz nahm, der König von 
Dänemark Schwedens Besitzungen in Deutschland angriff, Peter in Finnland ein¬ 
drang. Zwar bewog Karl die Türken zum Kriege gegen Rußland, und es gelang 
ihnen, das russische Heer am Pruth(1711) einzuschließen; doch erkaufte Peters 
Gemahlin Katharina durch Bestechung des Großveziers den Frieden, in welchem 
Rußland Asow ausgab. Karl blieb hierauf selbst gegen den Willen der Türken 
noch einige Jahre in einem befestigten Lager bei Bender, bis er endlich 1714 
rasch (über Stralsund) nach Schweden zurückeilte. 
Aber auch England und Preußen hatten sich bereits mit Karls Feinden ver¬ 
bunden , sodaß er nach dem Verluste der Ostseeprovinzen und der Besitzungen in 
Deutschland sich auf das eigentliche Schweden zurückgedrängt sah. Um sich für
	        
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