Full text: Geschichten aus der Geschichte

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wurde mit der Zeit von Friedrich II. auf Friedrich I. übertragen, 
weil dieser noch mehr als jener in den Herzen des Volks lebte. 
Der deutsche Ritterorden in Preußen. 
Während des Kreuzzugs, in welchem Friedrich Barbarossa seinen 
Tod fand, wurden von den Kreuzrittern im Morgenlande drei Orden 
gestiftet. Die Franzosen stifteten den Tempelherrnorden, die Italiener 
den der Johanniter, die Deutschen den der Marienritter. Die 
Tempelherren trugen einen weißen Mantel mit rotem Kreuz, die 
Johanniter einen schwarzen Mantel mit weißem Kreuz, die Marien¬ 
ritter einen weißen Mantel mit schwarzem Kreuz. Die Ordens¬ 
ritter unterschieden sich von den andern Rittern dadurch, daß sie 
nicht bloß um die Behauptung des heiligen Landes kämpften, sondern 
sich auch zum Gesetz machten, nach dem Gebote des Erlösers den 
Armen und Bedrängten Beistand zu leisten und Barmherzigkeit zu 
üben. Daher errichteten sie Krankenhäuser, und wenn sie nicht 
gegen die Heiden zu kämpfen oder Pilger durch gefährliche Gegenden 
zu geleiten hatten, saßen sie am Krankenbett, reichten den Leidenden 
Heilmittel und sprachen ihnen Trost zu. 
Der deutsche Orden hat nachmals das heidnische Preußenland 
erobert und fast 200 Jahre darüber geherrscht. 
Die alten Preußen hatten keine Städte, sie lebten in Dörfern, 
ihre Vornehmen aus hölzernen Burgen. Es wird an ihnen gerühmt, 
daß sie gegen Fremde gastfrei und dienstfertig waren. Sie lebten 
vom Ertrage ihrer Äcker, von Wildbret, an welchem ihre Wälder, 
und von Fischen, an welchen ihre Flüsse und Seeen reich waren. 
Sie trieben auch fleißig Bienenzucht, denn sie brauchten den Honig 
zu ihrem Lieblingsgetränk, dem Met. Das größte Ansehen hatten 
die Priester; das Volk glaubte, daß diesen die Götter ihren Willen 
offenbarten und sie in die Zukunft sehen ließen. Ihr Oberpriester, 
der Griwe genannt, stets ein alter ehrwürdiger Mann, wohnte in 
einem heiligen Walde, lauschte dort auf die Stimme der Götter im 
rauschenden Eichenlaub und brachte ihnen Opfer für das Heil des 
Volks. Kein anderer als ein Priester durfte den Wald betreten. 
Wenn den Griwen seine Kraft verließ, schichtete er einen Scheiter¬ 
haufen auf und starb in freiwilligem Feuertode. Die Preußen sahen 
überhaupt im Tode nichts Trauriges. Sie glaubten, nach dem Tode 
würde das irdische Leben fortgesetzt, nur sei es glücklicher. Die 
Toten wurden in ihren besten Kleidern verbrannt, die Asche in eine 
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