Full text: Das Mittelalter und die Neuzeit (Teil 2)

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Seine ganz besondere Fürsorge wandte Friedrich der Große der mit so 
großen Mühen und Opfern erworbenen Provinz Schlesien zu, die unter 
seiner weisen Regierung bald zur schönsten Blüte gedieh. — Ebenso erfreute 
sich dann die neugewonnene Provinz W e ft p r e u ß en seiner besonderen Für¬ 
sorge. Dieses Land war unter der Polenherrschaft in einen jämmerlichen 
Zustand geraten. Friedrich sandte sofort eine Menge feiner besten Beamten 
in die neue Provinz; Gerichte, Schulen, Postanstalten wurden errichtet, 
Straßen gebaut, die Weichsel mit Oder und Elbe durch einen Kanal ver¬ 
bunden und fleißige Ansiedler ins Land gerufen. 
Aber alle Teile des Königreichs erfreuten sich ähnlicher Pflege. So ließ Friedrich 
zwei öde Sumpfgegenden, den Oder- und den Warthebruch, mit Dämmen umziehen, 
welche das Wasser ablenkten und 350 000 Morgen Sumpf zum fruchtbarsten Ackerland 
umwandelten. Als der König das fertige Werk besichtigte, sagte er: „Hier habe ich eine 
Provinz im Frieden erobert." 
Die Rechtspflege wurde verbessert, ein neues Gesetzbuch, das „preu- 
ßische Landrecht", ausgearbeitet (das jedoch erst nach Friedrichs Tode 
in Kraft trat). In unermüdlicher, alles umfassender Thätigkeit bewährte er 
sein Wort, daß der König der „erste Diener des Staates" sei. Seine Er- 
holung suchte er in der Musik (Flötenspiel) und Poesie, im Briefwechsel und 
im Umgange mit Gelehrten, die er auf feinem Lustfchlofse Sanssouci um 
sich versammelte. Er selbst schrieb mehrere Werfe, besonders über seine Re- 
gierungs- und Kriegsthaten, sämtlich in französischer Sprache, da er die 
Rutsche Sprache und Bildung geringschätzte. Und doch glänzten schon Klop- 
stock und Lefsing; auch Goethe fing an berühmt zu werden, und die Dichter 
Kleist, Ramler, Gleim u. a. ermüdeten nicht, des großen Königs Ruhm zu 
besingen. Auch die christlichen Glaubenswahrheiten blieben, namentlich in- 
folge mangelhafter Erziehung, Friedrichs Sinne um fo fremder, jemehr er 
der neuen „Aufklärung" zugethan war, die besonders durch französische 
Schriftsteller verbreitet wurde. Gleichwohl ein durchaus deutscher Mann, 
ein sittlich-ernster Fürst, einfach, sparsam, ganz seinem Volke lebend, hat er 
durch seine Regentengroße selbst seinem Gegner Kaunitz das Zeugnis ab- 
genötigt, daß er, „wie kaum ein zweiter in der Geschichte den Thron und das 
Diadem geadelt" habe. Er starb, von Europa bewundert, am 17. August 
1786. Er hatte seinen Staat so vergrößert, daß derselbe fast 3600 Quadrat- 
Meilen mit 6 Millionen Einwohnern umfaßte. Ihm folgte fein Neffe 
Friedrich Wilhelm II. 
2. Nach dem Tode des Kaifers Franz I. wurde dessen (Bohrt Joses II. 
(1765—1790) deutscher Kaiser. Bis zum Tode seiner Mutter (1780) war 
er jedoch nur Mitregent in den österreichischen Staaten. Als in Bayern mit
	        
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