Full text: Leitfaden der deutschen Geschichte

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Erhebung auf den Schild eingesetzt und hatte die vereinigte Gewalt des 
Herzogs und des Fürsten. Er führte den Oberbefehl im Kriege, berief die 
Volksgemeinde, deren Beratungen er leitete, und war der oberste Richter, 
der die Vorsteher und Richter der einzelnen Bezirke ernannte. Aus den 
Fürsten derselben wurden königliche Beamte, die den Namen Grafen 
führten. 
Bei allen ihren Handlungen erschienen die alten Germanen bewaffnet. 
Für wehrhaft erklärt wurde der Jüngling vor versammelter Gemeinde; einer 
der Fürsten oder der Vater schmückte ihn mit Schild und Speer; bis dahin 
nur dem Hause angehörig, war er von nun an Mitglied der Gemeinde. An 
einem allgemeinen Kriege mußte jeder wehrhafte Freie teilnehmen; 
das Aufgebot sämtlicher wehrfähigen Männer hieß der Heerbann. Auf 
einzelnen Streifzügen begleitete die Fürsten ein Gefolge von Jünglingen, 
die sich freiwillig ihnen angeschlossen hatten als Ehrenwache im Frieden, als 
Schutzwehr im Kriege. Die Schlachtreihe wurde in keilförmigen Haufen 
aufgestellt; in der Nähe der Kämpfenden (auf der Wagenburg) befanden sich 
mit den Kindern die Frauen, die durch ihren Zurus manchmal eine schon 
wankende Schlachtreihe wieder herstellten. 
3. Von hohem Werte sind die Berichte, welche zwei der größten Meister der Geschicht- 
schreibung, die Römer Cäsar (um 50 v. Chr.) und Tacitus (um 100 n. Chr.), von den 
Zuständen des deutschen Volkes erstatten, als es zuerst in die Weltgeschichte eintritt. Über 
Lebensweise und Sitte der Germanen lautet 
a. Cäsars Bericht: 
„Jagd und kriegeri sche Übung füllt der Germanen Leben aus. Schon von 
klein auf gewöhnen sie sich deshalb an harte Strapazen und üben sich in der Ausdauer. 
Zur Kleidung dienen ihnen Felle und kurze Pelzröcke. Wenig beschäftigen sie sich mit 
Ackerbau; der größere Teil ihrer Nahrung besteht in Milch, Käse und Fleisch. — An 
dem Gastfreunde sich zu vergreifen, dünkt sie frevelhaft. Wer aus irgend einem Grund e 
zu ihnen kommt, den schützen sie vor Unbill und halten ihn für unverletzlich. Alle Häuser 
stehen ihm offen, und der Lebensunterhalt wird mit ihm geteilt. — Die Einfuhr von 
Wein dulden sie nicht, weil sie meinen, daß er den Menschen zum Ertragen von Stra- 
pazen unfähig mache und verweichliche." 
Ausführlicher ist 
b. Tacitus' Bericht: 
„Die allgemeine Volkstracht der Germanen," so schreibt der berühmte Geschicht- 
schreibet, „besteht in einem Mantel (aus Wollzeug), den eine Spange oder, wenn es daran 
fehlt, ein Dorn zusammenhält. Die Wohlhabenden zeichnen sich durch ein Gewand aus, 
das sich dem Körper enger anschließt. Auch trägt man Felle wilder Tiere, an den Ufern 
des Rheines ohne sonderliche Ausschmückung, weiter im Innern mit mehr Auswahl. Dort 
sucht man die Tierart sorgfältig aus und verbrämt die Felle mit buntgefleckten Pelzen 
von Tieren, die der ferne Ozean hervorbringt. Die Frau kleidet sich nicht viel anders, 
als der Mann; nur trägt sie häufiger ein leinenes Gewand, in das sie rote Streifen ein- 
webt. Diese Kleider haben keine Ärmel; der Arm bleibt bloß.
	        
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