Full text: Leitfaden für den Geschichtsunterricht in Mittel- und Mädchenschulen

118 IX. Das römische Kaiserreich und die Germanen. Das Christeittum. 
einer angesehenen Familie und bekleidete das Amt eines Statthalters 
von Mailand, als ihn die Stimme des Volkes auf den bischöflichen 
374 Stuhl dieser Stadt berief. Zweiundzwanzig Jahre laug leitete er 
die Angelegenheiten der abendländischen Christenheit, den Herrn des 
Weltalls mehr fürchtend als den Beherrscher des Erdkreises. Ein 
eifriger Verfechter des orthodoxen Glaubens weigerte er sich stand- 
Haft, den Arianern und ihrer Gönnerin, der Kaiserin Justina, die 
Hauptkirche von Mailand einzuräumen, und ließ sich lieber mehrere 
Tage famt feiner Gemeinde in derselben belagern, als daß er das 
„Eigentum Gottes" den Ketzern überliefert hätte. Auch Theodosius 
mußte sich feinem Machtfpruche beugen. Als der Kaifer in der Hitze 
des Zorns 7000 Bürger von Theffalonich eines Aufruhrs wegen 
hatte niedermetzeln laffen, trat ihm der Bischof an der Schwelle des 
Gotteshauses entgegen und erklärte ihm, daß ein Mann mit blutbe¬ 
fleckten Händen nicht wert sei, zu der Gemeinschaft Christi zu ge- 
hören; und erst nachdem Theodosius öffentlich fein Unrecht bekannt, 
gestattete er ihm wieder den Eintritt in die Kirche und die Teil- 
nähme am Abendmahle. Die größten Verdienste erwarb sich Am- 
brosins durch Ausbildung und Bereicherung des Gottesdienstes 
mittels Kirchengesang, Liturgie und Predigt; der sogenannte „Am- 
brosianische Lobgesaug" (das Tedeum) soll von ihm herrühren. 
Augustinns wurde zu Tagaste in Numidien als der Sohn 
eines heidnischen Vaters und einer christlichen Mutter, der srommeu 
Monika, geboren und erlangte frühzeitig den Ruf ausgezeichneter 
Gelehrsamkeit. Doch all sein Ruhm vermochte die Mutter nicht zu 
trösten über den Kummer, den ihr das lasterhafte Leben des Jüng- 
lings verursachte, der sich ganz den Freuden der Welt hingab und 
aus einer Sünde in die andere siel. Oft flehte sie weinend den 
Herrn an, ihn auf den rechten Weg zu führen oder ihn hinwegzu¬ 
nehmen von der Erde. Und der Sohn fo vieler Gebete und Tränen 
sollte nicht verloren gehen. In Mailand lernte Augustinus den 
Ambrosius kennen, dessen Mahnungen mächtig zu seinem Herzen 
drangen. Mit Eifer las er die panlinifchen Briefe, und schon be- 
gann die Erkenntnis der Wahrheit bei ihm zum Durchbruch zu 
kommen, als ein ehrwürdiger Greis ihm erzählte, wie einige gelehrte 
nnd vornehme Heiden Ehre und Reichtum dahingegeben hätten, um 
Christo zu dienen. Da rief er einem anwesenden Freunde zu: 
„Andere reißen den Himmel an sich, und wir bleiben zurück!" — 
und feilte Bekehrung war vollbracht Er ließ sich taufen, kehrte fpäter 
nach Afrika heim und wurde zuerst zum Presbyter, dauu zum Bischof 
von Hippo Regius erwählt. Von da an war feine ganze Kraft der 
Sache Christi geweiht. Fünfuuddreißig Jahre laug beherrschte 
Augustinus durch die Macht seines Geistes die afrikanische Kirche,
	        
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