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§ 69. Übersicht über die politische Lage.
Dritter Abschnitt.
iloui Westfälischen Frieden
bis iiiin Legiun der Französtschen lUuoliition
1648—1789.
A. Das Zeitalter Ludwigs XIV. von 164:8—1(740.
Vgl. Karte VHI und IX.
§ 69.
Überblick über die politische Lage.
1. Das Deutsche Meich. Durch den Dreißigjährigen Krieg war
Deutschland zu einem verarmten und entvölkerten Lande herabgesunken.
Dazu hatte es im Norden die wichtigsten Gebietsstriche an die Schweden,
im Westen an die Franzosen verloren, nach innen aber jeden festeren
Zusammenhang eingebüßt. Abgesehen von 1500 unmittelbaren Ritter-
schasten, Stiftern und Reichsdörfern umfaßte das „Deutsche Reich"
fürderhin 296 größere und kleinere Herrschaften, welche alle eine volle
staatliche Selbständigkeit beanspruchten, jedoch im Gefühle der eigenen
Schwäche leicht fremdem Einflüsse und fremdem Gelde zugänglich waren.
Unter solchen Verhältnissen lag die jeweilige Bedeutung des Einzel-
staates vor allem an der Persönlichkeit des Fürsten und den politischen
Verbindungen feines Hauses.
Unter den deutschen Kerrscherfamikien genießen in dieser Zeit das geachtetste
Ansehen:
a) die Habsburger in Österreich, welche als Träger der Kaiserkrone einen
äußeren Vorrang behaupten und in wichtigen europäischen Fragen zumeist mit
Spanien verbunden sind, wo die ältere Linie ihres Hauses den Königsthron
inne hat (vgl. Stammtafel S. 17);
b) die Wittelsbacher, welche in vier Hauptlinien geteilt sind und 1) in
Bayern und in Köln (hier 1583 —1761), 2) in Simmern-Heidelberg, 3) in
Neuburg-Sulzbach (einschließlich der Herzogtümer Jülich und Berg), 4) in
Zweibrücken und Zweibrücken-Birkenseld regieren, somit über die drei Kur-
stimmen Bayern, Köln und Pfalz verfügen (vgl. Stammtafeln S. 45 n. 46);
c) bie Hohenzollern, deren jüngeres (brandenburgisches) Haus in drei
Linien regiert: 1) im Kurfürstentum Brandenburg, wozu auch Kleve-Mark
und Ravensberg, ferner das Herzogtum Preußen, das Herzogtum Hinter-
Pommern und die Gebiete von Magdeburg, Halberstadt, Minden und Kammin