Full text: Neuere Zeit vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Bd. 2)

§ 78. Deutschland nach dem Siebenjährigen Kriege. 43 
war um so geringer, als er auch in Österreich (bis 1780) nur der Mit¬ 
regent seiner Mutter war. 
Reichskammergericht und Reichstag. Gleichsam als letzte Überreste 
des zerfallenden Reiches bestanden noch der Reichstag zu Regensburg und das 
Reichskammergericht zu Wetzlar. Aber schon waren einzelne Reichsstände zufolge 
besonderer Privilegien diesem Gerichtshofe nicht mehr unterworfen; andere miß- 
achteten feine Beschlüsse, zudem der dortige Geschäftsgang sich unabsehbar ver- 
schleppte. Noch übler war es mit der Tätigkeit des Reichstages bestellt, der nur 
mehr mißbraucht wurde, um Preußens oder Österreichs Aufstreben niederzuhalten. 
2. Maria Theresias Wegierung in Hsterreich (bis 1780). Die 
Kaiserin Maria Theresia, regierende Erzherzogin von Österreich und 
Königin von Ungarn und Böhmen, war eine hervorragende Fürstin, die 
durch ihre persönlichen Tugenden und durch ihre Regenteneigenschaften 
dem heimischen Throne einen Glanz verlieh, wie es seit Maximilian I. 
kein Herrscher des Hauses Habsburg mehr vermocht hatte. Mit aus- 
dauernder Tatkraft arbeitete sie daran, das erstarrte Staatswesen wieder 
zu beleben und verbessernde Neuerungen durchzuführen. 
Indem sie dabei kluge Vorsicht und Mäßigung wahrte, im Gegensatze zu 
ihrem ungestüm vorwärts drängenden Sohne und Mitregenten Joseph, fanden 
auch tiefeinfchneidende Reformen (wie die rechtliche Annäherung der einzelnen 
Stände, die Einführung neuer Gesetzbücher und die organische Verbindung der 
bisher getrennten Landesgebiete) einen, wenn auch langsamen, so doch stetigen 
Fortgang. Nach vierzigjähriger Regierung hinterließ sie ihrem Sohne Joseph 
einen neugekräftigten, wohlgeordneten Staat. 
Von ihren anderen Kindern war Leopold, der zweite Sohn, seit dem Tode 
des Vaters Großherzog von Toskana; ihr dritter Sohn, Ferdinand, war mit 
der Erbtochter von Modena vermählt und zur Nachfolge im dortigen Herzogtum 
bestimmt; ein vierter Sohn, Maximilian Franz, wurde 1785 Kurfürst von Köln. 
Über die Verheiratung ihrer Töchter Amalie, Karoline und Marie Antoinette 
mit den Regenten von Parma, von Neapel und von Frankreich vgl. Stamm- 
tafel S. 28. 
3. Friedrichs II. fernere Negierung (bis 1786). Wie Maria 
Theresia in Österreich, so setzte Friedrich der Große in Preußen nach 
dem opferreichen Kriege seine ganze Kraft ein, um die inneren Ordnungen 
neu zu befestigen und das Volkswohl werktätig zu heben. „Der König; 
ist der erste Diener des Staates", war sein Grundsatz. Mit nnbeug- 
samer Willensfestigkeit führte er diejenigen Maßregeln durch, die nach 
seiner Überzeugung dem Ganzen nützten: er kolonisierte weite Strecken 
trockengelegter Flußniederungen an der Warte und Oder, erzwang eine 
gesteigerte Pflege des Eisenbaues und der Seidenmanufaktur und richtete 
nach französischem Muster die sogenannte „Regie" ein, welche Tabak, 
Kaffee und Salz in Staatsverschleiß nahm (monopolisierte); auch ließ er
	        
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