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gewinnen. Sein Bruder Ferdinand erwarb durch Heirat die Königreiche
Böhmen und Ungarn. (S. 135.)
Das kräftig aufstrebende Frankreich geriet so in die Gefahr, zwischen
der Habsburgischen Macht erdrückt zu werden. Um der eisernen
Umklammerung zu entgehen, wollte König Franz Italien gewinnen, um so die
östlichen und die westlichen Besitzungen des Habsburgischen Herrscherhauses durch
einen starken Damm gänzlich von einander zu trennen. In vier großen
Kriegen wurde der Streit ausgefochten. Der Kaiser war meist siegreich. 1525
überwand er Franz bei Pavia gänzlich und nahm ihn sogar gefangen. Wir
finden bald darauf den Pap st auf der Seite Frankreichs; denn für den Päpstlichen
Stuhl schienen, wenn Habsburg siegte, die Zeiten der Hohenstaufen wiederzukehren.
Diese Parteinahme rächte sich allerdings grausam; denn Rom wurde von den
deutschen Söldnern erstürmt und furchtbar geplündert. In seiner Not hat
sich Franz sogar nicht vor einem Bunde mit den Türken gescheut, obgleich er dm Titel
„Allerchristlichster König" führte. Schließlich, nach zwanzigjährigem Kampfe, einigten
sich beide. Karl behielt die Länder in Italien, Franz Burgund.
b) Karls Persönlichkeit. Karl hatte einen schwächlichen Körper
und ist in seinem ganzen Leben nie recht gesund gewesen. Aber er
entwickelte trotzdem eine außerordentliche Tätigkeit. Bald besorgte er
Regierungsgeschäfte in Spanien; bald führte er Krieg in Italien;
zwischendurch erschien er in Deutschland, um einen Reichstag abzu-
halten, oder er besuchte seine getreuen Niederlande. Er unternahm
einen glücklichen Zug gegen die Seeräuber in Tunis, einen nnglück-
lichen gegen Algier. Den Deutschen blieb der Kaiser stets fremd.
Verstand er doch nicht einmal die Sprache der meisten, das Ober-
deutsche; bloß das Niederdeutsche war ihm neben dem Spanischen und
dem Italienischen geläufig.
c) Der Schmalkaldische Krieg. Wenn dieser merkwürdige Herrscher
einen Plan gefaßt hatte, so wartete er oft sehr lange mit der Aus-
sührung. Wiegten sich dann die Gegner in Sicherheit, so erfolgte
plötzlich, ihnen ganz unerwartet, der vernichtende Schlag. Das nannten
die Deutschen „Welsche Tücke." So hatte er auch von vornherein
vor, den Protestantismus in Deutschland auszurotten. Aber
mehr als zwanzig Jahre ließ ein kräftiger Versuch dazu auf sich warten.
Erst als Karl mit Franz im reinen war, ging er an das Werk. Auf
seine Veranlassung wurde die beim Nürnberger Religionsfrieden in
Aussicht genommene Kirchenversammlung endlich 1545 zu Trient in
Welschtirol eröffnet. Die meisten Geistlichen, die sie besuchten, waren nicht
deutsch und darum fast alle Gegner der neuen Lehre. Die Protestanten,
vom Kaiser zur Beschickung aufgefordert, weigerten sich dessen; denn
sie wußten, daß man dort von ihnen kurzerhand Rückkehr zum katho-
tischen Glauben verlangen würde, ohne ihre Sache unbefangen zu
prüfen. Nun hatte Karl V. gerade damals durch den endgiltigen
Frieden mit Frankreich freie Hand bekommen und war gesonnen, das
Wormser Edikt jetzt gründlich durchzuführen. Er hütete sich aber, bei
seinem Vorgehen gegen die Protestanten die Religion in den Vordergrund
zu stellen, faßte vielmehr jene Weigerung als politische Widersetzlichkeit