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überwachte; die bedeutendsten Männer der Wissenschaft waren seine
Lehrer. Mit dem 18. Lebensjahre begann Prinz Friedrich Wilhelm
seine militärische Laufbahn. Beim Eintritt in das Heer sprach
der Vater kurz und bündig zu ihm: „Nun gehe und tue deine
Schuldigkeit!" Der wackere Prinz hat sie getan; denn rasch erstieg er
in den kommenden Jahren die höchsten Rangstufen in der Armee. Ende
1849 ging er nach Bonn und studierte auf der dortigen Universität
zwei Jahre lang mit großem Eifer. Dabei war er aber auch ein
frischer, lebensfroher Student, der sich die Liebe und Zuneigung aller
im Fluge erwarb. Große Freude bereitete dem Prinzen von Jugend auf
das Reisen, durch das er den erworbenen Schatz von Kenntnissen erweiterte.
2. Familienleben. Auf einer Reise nach England lernte er die
Prinzessin Viktoria, die älteste Tochter der Königin von England,
kennen und sührte sie am 25. Januar 1858 als Gemahlin heim.
Mit unendlichem Jubel begrüßte die Hauptstadt das junge Fürsten-
paar. Am 27. Januar 1859 wurde dem glücklichen Ehepaare der
erste Sohn, Prinz Wilhelm, unser jetziger Kaiser, geboren. In den
folgenden Jahren wuchs der häusliche Kreis auf die stattliche Zahl
von acht Kindern an, vier Prinzen und vier Prinzessinnen. Zwei
Prinzen, Sigismund und Waldemar, starben in früher Jugend;
Prinz Heinrich, der sich dem Marinedienste gewidmet hat, wurde am
24. August 1862 geboren. Die vier Töchter sind die an Prinzen
europäischer Fürstenhäuser verheirateten Prinzessinnen Charlotte,
Viktoria, Sophie und Margarete. (S. Anhang.)
Im Kreise der Seinigen verlebte Friedrich Wilhelm, der inzwischen
Kronprinz geworden war, glückliche Tage in seinem Schlosse zu Potsdam.
Frühzeitig senkten die hohen Eltern ihren Lieblingen das Bewußtsein ins
Herz, daß ihr hoher Stand ihnen auch hohe und ernste Pflichten auferlege. In
der Nähe lag des Kronprinzen Eigentum, das Gut BornAedt. Zwischen dem
fürstlichen Gutsherrn und den Dorfbewohnern von Bornstedt herrschte das schönste
Einvernehmen. Oft und gern besuchte der Kronprinz die Dorfschule, erkundigte
sich nach dem Betragen und den Fortschritten der Kinder und hörte dem
Unterrichte aufmerksam zu. Überhaupt hatte er für die Erziehung der Jugend
ein warmes Herz und weilte mit Vorliebe in Schulen.
3. Der Kronprinz als Feldherr. 1864. Im Jahre 1864
übernahm der Kronprinz zwar kein Kommando, machte aber den Feldzug
freiwillig mit. Er scheute weder die Mühseligkeiten des Krieges,
noch die Gefahren des Kampfes. Mit den Soldaten- marschierte er
durch Schnee und Eis; er teilte mit ihnen die Unbequemlichkeiten des
Lagers und Biwaks. Wenn er in schlichtem Offiziersmantel, die kurze
Pfeife mit dem weißen Porzellankopfe im Munde, nahte, jubelten
ihm die Soldaten mit Begeisterung zu. Vor den Düppeler Schanzen
stand er kaltblütig wie ein alter Krieger in verheerendem Feuer und
fehlte auch beim Sturme nicht.
1866. Im Kriege gegen Österreich führte Friedrich Wilhelm
den Oberbefehl über die Zweite Armee. Glänzend löste er