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Reiches zu schwach. Den Normannen kaufte er zweimal den Frieden
ab. Da setzten ihn Deutsche und Franken ab. Er starb einige Wochen
später kinderlos. Sein Neffe Arnulf, der sich hohen Kriegsruhm im
Kampfe mit den Slaven erworben hatte, wurde gewählt. Er schlug
bei Löwen an der Dyle die Normannen bis zur Vernichtung und
bändigte den wilden Mährenherzog. Dabei halfen ihm die Magyaren.
Bald aber unternahmen auch diese Raubzüge nach Deutschland. Er
hinterließ Krone und Reich seinem sechsjährigen Sohne Ludwig dem
Kinde. Die deutscheu Länder wurden von auswärtigen Feinden, den
Magyaren, überschwemmt, und im Innern tobten die Fehden der Großen.
Weinend über des Reiches Unglück starb Ludwig das Kind (911), und 911
mit ihm erlosch das Geschlecht der Karolinger in Deutschland.
Fragen: Zustand des Reiches! — Die karolingischen Herrscher nach Cha-
rakter und Bedeutung für das Reich! — „Das Lügenfeld" von A. Stöber.
39. Heinrich I. von Sachsen (919—936).
1. Er wird wider Erwarten gewählt. Nach dem Aussterben
der Karolinger wurde Deutschland ein Wahlreich. Der erste
von den deutschen Stämmen gewählte König war Konrad I. von 911
Franken. Mit gutem Willen suchte er die königliche Gewalt im Reiche
zu festigen, doch wurde er der mächtigen Herzöge
nicht Meister. Lothringen konnte er dem deutschen
Reiche nicht wieder gewinnen. Von dem jungen
Sachsenherzoge Heinrich wurde er geschlagen,
und im Kampfe mit Arnulf von Bayern holte
er sich die Todeswunde. Auf dem Totenbette
empfahl er edelmütig den Fürsten seinen Gegner
Heinrich von Sachsen zum Nachfolger. Sein
Bruder Eberhard überbrachte mit des Reiches
Boten dem Gewählten die Reichskleinodien
(Krone, Zepter, Schwert und Lanze). Sie fanden
ihn — der Sage nach — im schlichten Jagd-
kleide am Vogelherde bei Goslar am Harze;
daher nennt man ihn wohl Finkler oder Vogel-
steller. Sein Wuchs war hoch, seine Gestalt
schlank, sein Arm stark, sein Auge feurig, fein
Geist weise und erfindungsreich. 70. I.
2. Er unterwirft durch weise Mäßigung die Vasallen. Durch
w^se Vorstellungen und friedlichen Zuspruch unterwarf er den Herzog
Burkhard von Schwaben und Arnulf von Bayern. Durch
Weises Abwarten gewann er Lothringen wieder, das Frankreich zu-
strebte, und gab dessen Herzog Giselbert später seine Tochter Ger-
berga zur Ehe. So hatte denn Heinrich die deutschen Stämme wieder
alle durch seine Weisheit und Mäßigung dem Reiche gewonnen und