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seinem Anhange die Messe") abgeschafft, die Klöster geöffnet und Bilder
wie Altäre zertrümmert. Ihm hatten sich die Zwickauer Propheten,
der Tuchmacher Storch und Thomas Münzer, zugesellt. Sie der-
kündeten das innere Licht als das höchste Gesetz eines Christen, ver-
warfen die Kindertaufe und wollten ein Reich Gottes mit irdischer
Gütergemeinschaft gründen. Als Luther von diesen Unordnungen hörte,
dachte er nicht mehr an seine Sicherheit, sondern ritt von der Wartburg
unverzagt nach Wittenberg. Acht Tage predigte er täglich mit hinreißender
Gewalt gegen die „Schwarmgeister" und nötigte sie, die Stadt zu verlassen.
Nun setzte Luther in Wittenberg mit großem Eifer die Übersetzung der
heiligen Schrift fort. Seine Freunde halfen ihm dabei, ein jeder nach
1534 seiner Kraft und Gabe. Die deutsche Bibel, die 1534 vollständig erschien,
wirkte Welt- und sprachumgestaltend. Zwei Hauptsätze wurden hinfort
als die Grundlage der evangelischen Kirche betont: 1. Die Recht-
fertigung des Sünders vor Gott geschieht
allein aus Gnaden durch den Glauben,
n^t um der Werke willen, die nur Früchte
' •':> des Glaubens sein dürfen; 2. die Bibel ist
- die einzige Richtschnur des Glaubens und
: Lebens. Die lateinische Messe wurde abge-
schafft, dagegen deutscher Gottesdienst-mit
(v'SIF'1 - Predigt, Gebet und Gesang eingeführt. Luther
V'\V selbst dichtete Lieder voll Kraft und Innigkeit,
' die der evangelischen Lehre neue Anhänger ge-
^B-stäldiae W. wannen. Die Ohrenbeichte, die Heiligender-
ehrnng und die Klostergelübde wurden ebenfalls
abgethan. Das Abendmahl wurde unter beiderlei Gestalt ge-
reicht. Die evangelische Lehre faßte in mehreren Ländern und vielen
Städten Wurzel. Friedrich der Weise starb 1525. Sein Nachfolger,
Johann der Beständige, bekannte sich mit tiefem Ernste zu der
evangelischen Kirche, ebenso der Landgraf
Philipp von Hessen. In Preußen trat
Albrecht von Brandenburg 1525 zur
evangelischen Kirche über und verwandelte
das Ordensland in ein weltliches Herzog-
tum. Luther ehelichte die aus dem
Kloster getretene Nonne Katharina von
Bora, um durch die That das unbiblische
Eheverbot der Priester zu widerlegen und
den übrigen Geistlichen ein Beispiel zu
geben.12) Er führte eine musterhafte Ehe
und war ein ebenso glücklicher Gatte wie
*28. Katharina von Bora, zärtlicher Vater. Infolge einer Schul-
und Kirchenvifitation^) verfaßte er den
kleinen und großen Katechismus (1529) zur religiösen Unterweisung
und verwandte allen Fleiß auf die Hebung des Jugendunterrichts.