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Oftmals mußte ein Gefangener auch noch ein hohes Lösegeld entrichten. So konnte
es wohl vorkommen, daß ein Ritter bei einem Turniere sein ganzes Vermögen
zusetzte. Außerdem waren die Waffenspiele lebensgefährlich. Mancher sank in
den Sand und wurde entweder von den Hufen der schweren Rosse zerstampft,
oder er erstickte in seiner Rüstung. Deshalb verbot die Kirche die Turniere; ein
auf dem Turnierplätze getöteter Ritter mußte ehrlos beerdigt werden.
5. Das Leben der Ritter.
Dem Ritter war jede bürgerliche Beschäftigung verboten; er durfte weder
den Acker bebauen noch Handel treiben noch irgend ein Gewerbe pflegen. Seine
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Abb. 79. Im Rittersaale im 13. Jahrhundert.
(Nach Ad. Lehmanns kulturgeschichtlichen Bildern. Verlag von F. E. Wachsmuth, Leipzig.)
Ausbildung und sein Leben waren nur auf den Kampf zugeschnitten. Erlaubt
war ihm die Jagd; denn sie stählte den Körper und erweckte Geistes-
gegeuwart und Mut. Zugleich verschaffte sie aber auch den Burgbewohuetn
die nötige Nahrung. Oft genug ging es im Sommer deshalb hinaus in die wild-
reichen Forsten. Die Frauen suchten mit Hilfe abgerichteter Falken Vögel zu fangen,
und die Männer jagten Hirsche und Rehe, Bären und Wildschweine. Außerdem
brachte der Sommer Besuche, Feste und Kampfspiele. Im Winter dagegen
war es einförmig und eintönig auf der abgelegenen Burg; ein Tag glich dem
andern. Da saß dann wohl der Ritter im Lehrstuhle am offenen Kamine und
spielte mit dem Burggeistlichen Schach, oder er lauschte den Liedern eines fahrenden
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