5. Elisabeth und Philipp II.
Die Hinrichtung der schottischen Königin gab Philipp II. von Spanien Ge¬
legenheit, England mit Krieg zu bedrohen. Er hatte die Absicht, die englische
Flotte, die der spanischen Seemacht gefährlich wurde, vom Atlantischen Ozean
hinwegzufegen und Elisabeth für die Hilfe, die sie den Niederländern gewährte,
zu strafen. Im Jahre 1588 rüstete er eine große Flotte von 120 Schiffen aus
und sandte sie mit einer Bemannung von 7000 Matrosen und 17000 Kriegern
gegen den verhaßten Gegner. Die Engländer waren sich der großen Gefahr bewußt;
sie rüsteten alle verfügbaren Fahrzeuge aus und scharten sich einmütig um ihre
Königin, die, um den kriegerischen Geist ihres Volkes noch mehr zu entflammen,
bewaffnet im Feldlager erschien. Ende Juli erschien die „unüberwindliche
Armada" am Eingange des Kanals, wurde aber durch einen scharfen Südwest
weiter nach Osten getrieben. Der englische Admiral erkannte den Vorteil und ließ
die Spanier ruhig vorbeisegeln. Nun gab er den Befehl zum Angriff. Im Nu
waren die leichtbeweglichen, mit schweren Kanonen besetztenFahrzeuge derEngländer
an den unbeholfenen spanischen Schiffen und richteten unter den Feinden nn-
ermeßlichen Schaden an. Schiff um Schiff wurde in Brand geschossen oder von
den Wogen in die Tiefe gezogen. Nun sprang der Sturm vollständig nach Westen
um und vereitelte somit di& Rückkehr durch den Kanal. Der spanische Admiral
mußte deshalb nach Norden segeln und die gefährliche Fahrt um die schottische
Küste wagen. Dabei warf ein heftiger Sturm uoch viele Fahrzeuge gegen die
schroffen Klippen, so daß von der stolzen Flotte nur fünfzig Schiffe die
heimischen Gewässer wieder erreichten. Zum erstenmal waren Romanen mit
Germanen auf dem Meere zusammengeprallt und waren unterlegen. Von jetzt
ab hatte die englische Seemacht von der spanischen nichts mehr zu
fürchten. In der englischen Nation wurde aber das Gefühl lebendig, daß seine
Zukunft auf dem Wasser liege. Mit Recht sagt darum unser großer Geschichte
fchreiber Ranke von Elisabeth: „Mit der Selbständigkeit und Macht von England
ist ihr Andenken untrennbar verbunden."
27. Die Vorspiele des Dreißigjährigen Krieges.
1. Die Kaiser.
Die Nachfolger Karls V., Ferdinand I. und dessen Sohn Maximilian II,,
standen der Reformation freundlich gegenüber. Man glaubte sogar, Maximilian
würde offen zu Luthers Lehre übertreten, aber aus Rücksicht auf seine katholischen
Verwandten in Spanien und auf den Papst blieb er äußerlich der katholischen
Kirche treu. Der Protestantismus breitete sich deshalb kräftig ans; trotz des
geistlichen Vorbehaltes wurden in Norddeutschland einige Bistümer evangelisch,
und in Süddeutschland traten viele Untertanen der geistlichen Fürsten zur neuen
Lehre über. Neun Zehntel der Bevölkerung des Reiches sollen damals evangelisch
gewesen sein. Auch in den österreichischen Erbländern faßte der Protestantismus
festen Fuß; das Königreich Böhmen war fast ganz evangelisch geworden, und selbst
in Mähren, Schlesien, Ungarn und Siebenbürgen gab es viele Lutheraner. Da
kam im Jahre 1576 Rudolf II. zur Regierung; ihm fehlte es vollständig an Tat-