Freude dahin, am elften aber brach das Unheil herein. Als die
beiden Kömginnen zur Vesperzeit zusammensaßen und den Kamps-
spielen der Ritter zuschauten, rühmte Kriemhild die Kraft und die
Gewandtheit ihres Gatten und meinte, er sei doch der herrlichste
von allen Helden. Das verdroß Brunhild; sie entgegnete, das
sei gar nicht möglich, denn Siegfried sei doch nur ein Dienstmann
ihres Gemahls. 'Kriemhild wurde darüber zornig, stand auf und
verließ ihre Schwägerin. Am nächsten Morgen trafen die beiden
Königinnen vor der Kirchentür abermals zusammen. Sogleich
erhob sich auch der Streit wieder über den Wert ihrer Männer.
Brunhild behauptete, daß ihr als Königin der Vortritt gebühre,
da ja Kriemhild nur die Frau eines Dienstmannes sei. Da ver-
lor Kriemhild vor Wut alle Besinnung und schrie: „Wenn Sieg-
fried ein Dienftmann ist, so wisse, daß dich ein Dienstmann besiegt
hat, denn du bist nicht von Gunther, sondern von (Siegfried über¬
wunden worden!" Und zum Beweise zeigte sie der Königin den
Ring und den Gürtel. Wie vom Blitze getroffen lehnte Brunhild
an der Kirchentür, dann suchte sie weinend ihr Gemach auf, aß
nicht und klagte Tag und Nacht, daß der ihr angetane Schimpf
gerächt werden müsse. Als der finstere Hagen von dem, was ge-
schehen war, Kunde erhielt, knirschte er vor Wut mit den Zähnen
und gelobte, den Mann zu töten, der seine Königin so gekränkt
habe.
6. Wie Siegsried getötet wurde.
Hagen ersann nun einen Plan. Auf seinen Befehl mußten
Boten in Worms einreiten und die falsche Nachricht verbreiten,
daß die Dänen und Sachsen wieder plündernd und mordend in
das Land eingefallen seien. Der König Gunther rief darauf seine
Ritter zum Kampfe auf. Kaum hatte Siegfried von dem bevor-
stehenden Kriegszuge gehört, so bot er seine Hilfe an. Als alles
zur Ausfahrt bereit war, ging der listige Hagen zu Kriemhild,
um von ihr Abschied zu nehmen. Kriemhild hatte über das,
was geschehen war, schon längst bittere Reue empfunden und bat
Hagen, ihren Gemahl in dem Kampfe beschützen zu wollen. Ja
sie vertraute dem hinterlistigen Manne sogar, daß Siegfried nur
an einer Stelle zwischen den Schultern verwundbar sei. Die aber
wollte der Falsche gerade wissen. Deshalb beredete er die Königin,
die betreffende Stelle durch ein Kreuzchen von roter Seide auf
dem Gewände ihres Gatten zu bezeichnen. Am andern Morgen
sah Hagen, daß seine List gelungen war. Nun ließ er das Ge-
rücht aussprengen, daß sich die Feinde zurückgezogen hätten, und
daß die Heerfahrt aufgegeben werden müßte. An ihrer Statt
sollte eine Jagd im Odenwalde veranstaltet werden.
Siegfried war auch damit einverstanden. Als er aber von
seiner Gattin Abschied nehmen wollte, suchte sie ihn weinend