Full text: Bilder aus der vaterländischen Geschichte

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hatte. Mit den süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg und 
Baden schloß Preußen bald nach dem Kriege geheime Schutz- und 
Trutzbündnisse, in denen festgesetzt wurde, daß im Falle eines Krieges 
die Truppen dieser Reiche unter dem Oberbefehle des Königs von 
Preußen stehen sollten. Somit war Preußen, das sich jetzt un- 
unterbrochen von der Memel bis zum Rheine und zur Mosel aus- 
dehnte, an die Spitze von Norddeutschland gekommen, und außer- 
dem war es mit den süddeutschen Staaten zur gemeinsamen Ab- 
wehr aller äußeren Feinde eng verbunden. 
d) Der Krieg mit Frankreich 1870—71. 1. Veranlassung. 
Seit 1852 saß Napoleon III. auf dem französischen Throne; er 
war ein Neffe Napoleons I. Zwei siegreiche Kämpfe hatten feine 
Herrschaft bei dem Volke beliebt gemacht. Nach dem Deutschen 
Kriege aber waren, die Franzosen mit seiner Regierung nicht mehr 
zufrieden; sie warfen ihm vor, er habe den Ruhm der Nation 
verdunkelt und habe Preußen und Deutschland zu mächtig werden 
lassen. Die Franzosen waren neidisch auf unsere Siege und wollten 
eine völlige Einigung der deutschen Staaten nicht zugeben. Bei 
jeder Gelegenheit ertönte aus den Straßen von Paris der Ruf: 
„Rache für Sadowa!" Die Franzosen wollten also mit Preußen 
einen Krieg ansangen. Eine Veranlassung dazu sollten sie bald 
finden. 
Im Jahre 1868 hatten die Spanier durch einen Volks- 
aufstand ihre Königin Isabella vertrieben. Der größte Teil des 
Volkes wollte einen neuen Herrscher haben. Nach langen Er- 
wägungen fiel die Wahl auf den Prinzen Leopold von Hohen- 
zollern-Sigmaringen. Er war ein Verwandter des preußischen 
Königs. Der Prinz war auch bereit, den spanischen Königsthron 
zu besteigen. Als die Absicht des Prinzen bekannt wurde, erhob 
sich in Frankreich ein gewaltiger Sturm. Die Franzosen wollten 
nicht dulden, daß ein Hohenzoller in Spanien regiere. Kaiser 
Napoleon schickte sosort seinen Gesandten, den Grafen Bene- 
detti, zu König Wilhelm, der sich gerade in dem Bade Ems 
aufhielt, und verlangte, der König solle dem Prinzen befehlen, 
die spanische Krone nicht anzunehmen. Der greise Herrscher emp- 
sing den Botschafter äußerft freundlich, erklärte aber gleichzeitig, 
daß er seinem Verwandten nichts zu gebieten habe. Prinz Leopold 
merkte, daß die Franzosen einen Krieg heraufbeschwören wollten, 
und verzichtete auf den spanischen Königsthron. Jetzt aber zeigten 
die Franzosen, daß sie einen Krieg auf jeden Fall haben wollten, 
um das verhaßte Preußen demütigen zu können. Kaiser Napoleon 
verlangte nämlich von König Wilhelm, er solle ein Entschuldigung^ 
schreiben an ihn richten und versprechen, daß er keinem Hohen- 
zoller erlauben werde, die spanische Königskrone jemals anzu- 
nehmen. Benedetti richtete den Befehl seiner Regierung am 
Morgen des 13. Juli aus. König Wilhelm war über die dreiste
	        
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