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12. Tor Paris. Von Sedan aus eilte König Wilhelm mit der III. und 
IV. Armee nach Paris, das durch starke Außenwerke geschützt war. Schon am 
S^pt 19. September hatten 300000 Deutsche in einem Umkreise von 75 km die Stadt 
umzingelt, in der man an 300000 Mann, zum großen Teile Mobilgarden (eine 
Art Landwehr), zusammengezogen hatte. Sie versuchten zahlreiche Ausfälle, wurden 
aber jedesmal zurückgeschlagen. Zu Anfang des Jahres 1871 begann die Be¬ 
schießung der Stadt. Dazu gingen die Lebensmittel aus, und die Sterblichkeit 
unter den Belagerten steigerte sich35). Noch am 19. Januar versuchten ungeheuere 
Truppenmassen in westlicher Richtung den Durchbruch. Aber der eiserne Ring 
28. blieb geschlossen. Endlich sahen die Pariser ein, daß längerer Widerstand nutzlos 
Jan. sei. Am 28. Januar ergab sich die Stadt; sie mußte 200 Mill. Frank Kriegs- 
kosten zahlen. 
27 13. Überall Steg. König Wilhelm hatte sein Hauptquartier in dem Schlosse 
Sevt. zu Versailles. Fast täglich gingen neue Siegesnachrichten ein. Am 27. September 
27. war Straßburg gefallen, und am 27. Oktober mußte sich Bazaine mit 
vv- 173000 Mann in Metz ergeben. Die Franzosen hatten zwei neue Heere, die 
‘ Loirearmee und die Nordarmee aufgestellt, um Paris zu befreien. Aber die 
Loirearmee wurde vom Prinzen Friedrich Karl bei Orleans (2. bis 4. Dezember) 
und bei Le Mans geschlagen, die Nordarmee vom General Göben bei St.-Quentin. 
Im Osten hatte General Werder nach dem Falle Straßburgs Dijon besetzt 
und das Korps des Freischarenfllhrers Garibaldi zurückgeschlagen. Da zog 
General Bourbaki mit einem starken Heere heran, um die Verbindung zwischen 
dem Pariser Belagerungsheer und Deutschland abzuschneiden. Nach der dreitägigen 
Schlacht an der Lisaine (15. bis 17. Januar) mußte er seinen Plan aufgebt; 
die Franzosen wurden auf schweizerisches Gebiet gedrängt, wo man sie entwaffnete. 
In 7 Monaten wurden 16 große Schlachten gewonnen, 26 Festungen erobert und 
lg über 370000 Mann gefangen genommen. Frankreichs Macht war gebrochen. 
Jan. 14. Miederausrichtung des Deutschen Kaiserreichs, 18. Januar 
1871 1871. Die gemeinsamen Siege der deutschen Stämme hatten das Gefühl der Zu¬ 
sammengehörigkeit und das Verlangen nach Einigkeit lebhaft geweckt. Die Fürsten — 
voran König Ludwig II. von Bayern — und eine Abordnung des norddeutschen 
Reichstages richteten daher an König Wilhelm die Bitte, die erbliche Kaiserwürde 
anzunehmen. Der König erfüllte den allgemeinen Wunsch, und am 18. Januar 
1871 fand im Schlosse zu Versailles die Kaiserproklamation statt. So war nun 
endlich erfüllt, was das deutsche Volk so lange ersehnt hatte: der alte Barbarossa 
war erwacht; die Raben, Hader und Zwietracht, waren verschwunden, und der längst 
verwelkte Baum, das Deutsche Reich, gewann unter dem Zepter des Hohenzollern- 
kaisers neues Leben. Als Bundeshaupt erhielt der König den Titel „Deutscher 
Kaiser", der neue Bundesstaat die Bezeichnung „Deutsches Reich". 
15. friede. An die Übergabe von Paris schloß sich ein Waffenstillstand. Am 
10. 1. März erfolgte der Einzug der deutschen Truppen in Paris, und am 10. Mai 1871 
Mw wurde zu Frankfurt a. M. der Friede geschlossen. Frankreich mußte das Elsaß 
außer Belfort und den deutschen Teil Lothringens mit Metz abtreten und 4000 
Millionen (4 Milliarden) Mark Kriegskosten zahlen. Am 16. Juni hielt der greise 
Heldenkaiser seinen Siegeseinzug in Berlin.
	        
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