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Johann Calvin.
Sabin und schon die Zeitgenossen haben Anstoß genommen an der Art und
Weise, wie er sich öfter mit David zusammenstellte. Die Vorstellung, daß er
das auserwählte Werkzeug des Herrn sei, verläßt ihn keinen Augenblick; jede
ihm angetane Beschimpfung trifft Gott selbst, an seinem Namen darf kein
Makel hasten bleiben, da er das Evangelium schädigen würde. Der Gedanke,
daß auch seine Gegner von einer ehrlichen Überzeugung geleitet sein könnten^
oder gar, daß er selbst unrecht haben könnte, lag ihm vollständig fern: ihm
sind alle diejenigen, welche ihm widersprechen, welche sich gegen seine Autorität
auflehnen, einfach Bösewichter, gegen die er unversöhnlich bleibt, die er mit
herben, lieblosen Worten verdammt, die er verfolgt, auch wenn er zu Um-
wegen seine Zuflucht nehmen muß.
Dieser Forderung einer unbedingten Unterwerfung hatten sich auch feine
Amtsbrüder in Genf trotz aller scheinbaren Gleichberechtigung zu fügen und
zwar mehr als die übrigen, schon „des Beispiels" wegen. Calvin duldete
keinen Widerspruch, überhaupt keinen wahrhaft selbständigen Kollegen. Die
Inangriffnahme einer Angelegenheit mußte immer und überall von ihm aus-
gehen; kein Vorschlag eines andern findet Gnade. Auch sonst noch mußte
seine Umgebung manches von ihm hinnehmen. Hatte auch in späteren Jahren
das Ungestüm der früheren Zeit sich gemildert, so hatte doch die Empfindsamkeit
und Reizbarkeit seines Gemüts unter dem Druck der körperlichen Leiden und
der fortdauernden Angriffe nur noch zugenommen.
Der Verkehr mit ihm selbst hatte etwas Peinliches und Beengendes.
Manche fühlten sich deshalb trotz der scheinbaren Gleichstellung und trotz des
Zeugnisses, das Calvin selbst wohl seiner Mäßigung und Anspruchslosigkeit
ausstellte, in seiner Nähe doch gedrückt und machten in vertraulichen Mit-
teilungen ihren Gefühlen Luft. Mehr als einer hat Genf wieder den Rücken
gewandt, weil er sich nicht entschließen konnte „Calvin den Pantoffel zu küssen"
und sich nicht dem Unwillen eines Mannes aussetzen mochte, den, wie seine
Feinde sagten, zu beleidigen viel gefährlicher sei als den König von Frankreich
in seiner Königsburg. -
Indes mit jener tatsächlichen Anerkennung seines höheren Ranges war
Calvin zufrieden. Im übrigen war sein Leben das einfachste, wie es das
tätigste war. Er trug ein Gewand von geringem Stoff, aß einfach und wenig,
während der letzten sechs Jahres nahm er regelmäßig täglich nur eine Mahl¬
zeit. Seine häusliche Einrichtung war bescheiden, ja fast ärmlich zu nennen,
Calvin war arm trotz seiner bedeutenden Einkünfte; diese verwandte er, wie
es scheint, meistens für kirchliche Zwecke, namentlich für die zahlreichen aus
*) Calvin starb am 27. Mai 1564.