Rom im dreizehnten Jahrhundert.
359
sich überaus prachtvoll darstellt, als die schönste Ruine des Mittelalters die
Stadt königlich überragt und als ausdruckvollstes Wahrzeichen an die guelfische
und ghibellinische Epoche Roms gemahnt. Der Turm steht auf dem quirinalischen
AbHange über dem Trajansforum. Seine Erbauungszeit ist ungewiß; sein
römischer Stil und sein dem Grafenturm ähnliches Mauerwerk sprechen für die
Zeit Jnnocenz' III. oder Gregors IX. (1227-1241). Er stieg aus seinem
breiten und hohen Unterbau als ein viereckiger Koloß empor, verbunden mit
einem zinnengekrönten Kastell, einer vollständigen Burg. Er ist wohl auf einem
alten Bauwerk errichtet worden, das vielleicht eine militärische Station der
Kaiserzeit war. In der letzten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts gehörte er
den Anibaldi, von welchen er an die Gaetani kam. Sein Besitz galt für so
wichtig, daß seine Herren von ihm, wie von einer Varonie, den Titel führten;
wahrscheinlich hatten sie auch das Recht in dieser großen Stadtfestung Kriegs-
volk zu halten. Jene beiden Türme sind die Denksäulen des römischen Mittel-
alters, wie die Säulen der Kaiser Trajan und Antonin die Denksteine der
römischen Kaiserzeit, merkwürdige Wahrzeichen der Stadt, welche deutlicher als
Geschichten die unbändige Kraft jenes Jahrhunderts aussprechen. Als sie in
nur mäßiger Entfernung voneinander vollendet dastanden, mußten sie von
gewaltiger Wirkung sein. Sie überragten ganz Rom, schon in Meilenweite ficht-
bar, wie heute die Kuppel von St. Peter. Diese Turmkolosse geben das ent-
schiedenste Zeugnis vom römischen Wesen, welches im Mittelalter blieb, wie es im
Altertum gewesen war. Kein Formensinn, kein Gefühl für Belebung der Massen,
wie bei den Toskanern, zeigt sich hier: nur finstere und majestätische Kraft.
Die Reihe der genannnten Adelsburgen enthält die Namen aller großen
Geschlechter Roms aus jener Zeit; es fehlt darunter das jüngste des dreizehnten
Jahrhunderts. Die Gaetani hatten wohl Paläste, aber keine Stammburg in
Rom; aber um dieselbe Zeit, da sie Herren des Turmes der Milizen wurden,
legten sie vor dem Tore Sebastian die merkwürdige Festung Capo di Bove auf
der appischen Straße an. Dies Kastell erhielt diesen Namen von seinem Kern
und Mittelpunkt, dem Grabmal der Cacilia Metella, der Gemahlin des Crassus;
denn dieses herrliche Mausoleum hieß schon im grauesten Altertum von den
Stierschädeln auf seinem Gesims Capo di Bove. Der Graf Petrus Gaetani
legte dort ein Kastell an um von hier aus die Bewegungen der Colonna zu
überwachen, mochten sie aus ihren Campagnaschlössern auf der lateinischen oder
appischen Straße heranziehen. Die Reste dieser bald darauf erweiterten Festung
stehen noch heute aufrecht; das Material des Bauwerks ist der Tuff von Albano;
seine schwarze Farbe und die kleinliche mittelalterliche Architektur stehen in
grellem Gegensatz zur Majestät des aus gelben Travertinquadern aufgeführten
Grabmals, über dessen Gesims jene Tuffsteine aufgemauert sind um das
Mausoleum in einen Turm mit Zinnen zu verwandeln.