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Der Seeräuberkrieg. 
40. Der Seeräuberkrieg. 
Cassius Dio, Römische Geschichte'). 
Von jeher haben Seeräuber die Seefahrenden, sowie Straßenräuber die 
Bewohner des Festlandes belästigt und geschädigt. Immer war dies so und wird 
so bleiben, so lange die Natur der Menschen dieselbe ist. 
Wenn dagegen früher die Räubereien zu Lande und zu Wasser sich auf 
einzelne Gegenden, Jahreszeiten und eine geringere Anzahl von Teilnehmern 
beschränkten, so hatten jetzig bei den vielen, unaufhörlichen Kriegen, wo so 
viele Städte zerstört wurden und die Entronnenen überall nur den £od fürchten 
mußten, nirgends aber Sicherheit fanden, sehr viele diese Lebensart ergriffen. 
Zu Lande, im Angefichte der Städte, wo jeder Schaden näher empfunden, der 
Täter leichter aufgegriffen ward, konnte den Räubereien wirksamer gesteuert 
werden; zur See aber nahmen sie gewaltig überhand. Während die Römer 
mit ihren Feinden zu tun hatten, gewannen die Seeräuber bedeutend an Macht, 
verbreiteten sich auf allen Meeren und verbanden sich mit allen, die das gleiche 
Handwerk trieben; ja sie dienten sogar den Feinden Roms als Bundesgenossen. 
Als aber die Kriege aufgehört hatten, ruhten sie nicht, sondern taten auch 
allein für sich den Römern und deren Bundesgenossen großen Schaden. Denn 
nun segelten sie nicht mehr in geringer Zahl, sondern in großen Flotten daher 
und hatten ihre eigenen Admirale, so daß sie sich einen großen Namen erwarben. 
Zuerst plünderten sie bloß auf offener See, weshalb man nicht einmal im Winter 
mit Sicherheit ausfahren konnte; denn Kühnheit, Gewohnheit und Glück machte 
sie beherzt genug ohne Nachteil auch dann die See zu halten. Nachher aber 
griffen sie selbst die in den Häfen Befindlichen an. Wenn einer gegen sie aus- 
fuhr, so ward er meist besiegt und war verloren; siegte er aber je, so konnte 
er, weil sie schneller segelten, doch keinen einholen. So kehrten die frechen 
Räuber, als hätten sie gesiegt, bald wieder um, verheerten und verbrannten 
Landhäuser, Dörfer und selbst ganze Städte3) oder hielten sie in Besitz und 
bedienten sich ihrer als Winterstationen und Zufluchtsorte. 
Als dies nach Wunsch ging, wagten sie sich auch in das Binnenland und 
griffen selbst solche an, welche nicht die See besuhren. Dies taten sie nicht 
bloß in den auswärtigen Bundesgebieten, sondern selbst in Italien. In der 
Meinung nämlich, daß sie hier größere Beute machen und zugleich alle andern 
umsomehr einschüchtern würden, wenn sie selbst dieses Land nicht verschonten, 
*) Cassius Dio war der Sohn eines Senators bithynischer Herkunft. Unter 
Kaiser Commodus kam er nach Rom und ward im Jahre 229 Konsul und Amtsgenosse 
des Kaisers Severus Alexander. — In seiner römischen Geschichte zeigt er ein ernstes 
Streben nach geschichtlicher Wahrheit. (Strehl, Quellenkunde.) 
2) Die Zeit des dritten Krieges gegen Mithradates (um 70 b. Chr.). 
3) Plutarch behauptet, sie hätten gegen 400 Städte erobert.
	        
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