Die deutschen Kolonien (Schutzgebiete) in Afrika.
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säum mit einem äußerst kümmerlichen Pflanzenkleide bedeckt ist und auch
das Hinterland weit hinein nur mit trockenen Grasbüscheln, vereinzelten
Bäumen und lichtem Buschwerk bewachsen ist. Die Ostseite des Hochlandes
wird vom Südstopassat bestrichen. Hier stürzen während des Sommers
ungeheure Gewitterregen herab. Dann füllen sich die sonst trockenen
Rinnsale mit wilden Strömen und auch während der trockenen Jahres¬
zeit sprudeln dort aus den Hängen zahlreiche Quellen, oder es läßt sich
wenigstens in dem Sande der leeren Flußrinnen Wasser ergraben. Hier
gedeihen denn auch Palme und Affenbrotbaum, oder es dehnen sich weite
Gras- und Buschländereien hin, und da das Klima fast überall gesund ist,
eignen sich diese inneren Landschaften recht wohl für Ansiedelungszwecke.
Ackerbau kann freilich nur dort betrieben werden, wo künstliche Bewässe¬
rung möglich ist. Dagegen läßt die Viehzucht namhafte Erträge erhoffen,
wenn es gelingt, Wasserplätze in größerer Zahl zu schaffen und den An¬
bau von Futterpflanzen in steigendem Umfange zu betreiben. Aber
immerhin beruht die wirtschaftliche Bedeutung Deutsch-Südwestafrikas
zurzeit noch weniger auf der Bodenkultur. Zwar wachsen schon jetzt
Mais, Kartoffeln, Gemüse und Tabak in allen besser bewässerten
Gegenden, und die Rinder-, Schaf- und Ziegenherden des Landes,
neuerdings auch die rasch in Aufschwung gekommene Straußenzucht
liefern wertvolle Ausfuhrprodukte. Aber der Wert dieser Er¬
zeugnisse wird weit überholt durch die mineralische Ausbeute, die
das Land in steigenden Mengen bietet. Zu den Kupferminen,
die schon seit Jahren namhafte Erträge liefern, traten bedeutende
Marmorbrüche. Namentlich aber wurden die Blicke durch Auffindung
ausgedehnter Diamantenfelder auf Deutsch-Südwestafrika gelenkt.
Diese finden sich in der Dünenformation südlich der Lüderitzbucht
von der Gegend des Oranje bis in die Nähe des Kuisib. Die Dia¬
manten sind von guter und regelmäßiger Beschaffenheit. Anfangs zeigte
sich meist nur geringes Gewicht, doch haben sich in der Folgezeit die Funde
von schwereren Steinen gemehrt. Steine bis zu 17 Karat sind gefunden
worden. Es steht heute bereits fest, daß die Diamantenförderung in
rationeller Weise nur im Großbetriebe erfolgen kann. Es wurden deshalb
von seiten der Reichsregierung bereits entsprechende Maßnahmen
getroffen. Insbesondere wurde Sorge getragen, das Fundgebiet,
eine vegetations- und wasserlose Wüste, mit Unterkunftsplätzen
und Verkehrswegen auszustatten. Gegenwärtig beträgt die Monats¬
förderung 70 000 Karat mit einem Gesamtwerte von 2 Millionen Mark,
die der Diamantenmarkt bisher zu befriedigenden Preisen hat aufnehmen
können. Im Jahre 1910 wurden 800 000 Karat gefördert. Es unterliegt
keinem Zweifel, daß gerade die Auffindung dieser Diamantenfelder der
wirtschaftlichen Erschließung Deutsch-Südwestafrikas in ganz ungeahnter
Weise Vorschub leistet.
Gruber-Reinlein, Wirtschaftsgeographie. 3. Aufl.
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